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Bei Neugeborenen gleich nach Diagnosestellung mit der symptomatischen Therapie beginnen

Welche Therapie ist jetzt die richtige für mein Kind – dies ist eine der zentralen Fragen von Eltern, bei deren Kind gerade Mukoviszidose diagnostiziert wurde. PD Dr. Silke van Koningsbruggen-Rietschel, Leiterin des CF-Studienzentrums an der Uniklinik Köln, gibt im Interview erste Antworten aus ihrer langjährigen Erfahrung als Ärztin an einer Mukoviszidose-Ambulanz. Der Blogartikel ist Teil unserer Info-Serie rund um das Leben mit Mukoviszidose im Rahmen des Mukoviszidose Monats Mai.

PD Dr. Silke van Koningsbruggen-Rietschel leitet das CF-Studienzentrum an der Uniklinik Köln.

Warum ist Forschung immer noch wichtig, wo es doch jetzt die neuen Medikamente gibt?

Die neuen Medikamente („Dreifachtherapie“) sind sehr wirksam und deshalb revolutionär, da sie das Übel an der Wurzel packen, also kausal wirken. Ca. 85-90% aller Menschen mit CF kommen hierfür in Frage. Allerdings entsteht manchmal der Eindruck, als wäre mit dieser Entwicklung das „Problem“ CF gelöst. Das stimmt leider nicht! Diese Medikamente führen noch nicht zu derselben Funktion des Chloridkanals wie es bei Menschen ohne CF der Fall ist; zudem ist diese Therapie nur für spezielle Mutationen zugelassen. Und diese Medikamente sind so dermaßen teuer, dass selbst wenn ein Mensch mit CF aufgrund der Mutationen dafür in Frage käme, diese Therapie in den verschiedenen Gesundheitssystemen nicht automatisch zur Verfügung steht. Das ist tragisch! 

Deshalb braucht es neue Therapien, die allen Menschen mit CF helfen können. Forschung ist also weiterhin enorm wichtig.

Kann mein Kind an einer klinischen Studie teilnehmen?

Ja, auf jeden Fall. Studien im Kindesalter sind extrem wichtig. Wir geben in der Kinderheilkunde und Jugendmedizin viele Medikamente, die nur in Studien bei Erwachsenen untersucht wurden. Medikamente sollen aber im Kindesalter sicher und wirksam sein; das muss man erstmal zeigen. Außerdem sollten Kinder auch von den Neuentwicklungen im Rahmen von Studien profitieren können, z.B. in einer Langzeitstudie, in der Kinder das Medikament dann schon viel früher bekommen können. 

Welche Medikamente gibt es für Neugeborene?

Bei den Neugeborenen sollte gleich nach Diagnosestellung mit der symptomatischen Therapie begonnen werden, und sie sollten in einem hochspezialisierten CF-Zentrum ganzheitlich in einem multidisziplinären Team betreut werden. Das stellt sicher, dass für jede Symptomatik das Beste erreicht wird, was sich 1:1 in die Lebenserwartung und die spätere Lebensqualität übersetzt. Hierbei ist eine adäquate Inhalationstherapie (z.B. mit hypertonem Kochsalz) sowie ggf. die Pankreasenzymersatztherapie extrem wichtig.

Für Neugeborene stehen noch keine CFTR-Modulatoren zur Verfügung; diese sind jedoch für das frühste Kindesalter derzeit in Entwicklung.

Wann kann mein Kind die neuen Medikamente (CFTR-Modulatoren) bekommen?

Das hängt zum einen vom Alter und zum anderen von den vorliegenden CFTR-Mutationen ab; letztendlich auch von dem Land, in dem das Kind lebt.

Der CFTR-Modulator Ivacaftor ist als Monotherapie in Deutschland ab einem Alter von vier Monaten zugelassen; die Dreifachtherapie (Zweifachtherapien sind nicht so effektiv!) Elexa-/Teza- und Ivacaftor derzeit ab einem Alter von sechs Jahren. Wir rechnen bald mit der Zulassung ab zwei Jahren. Das wäre ein weiterer wichtiger Schritt.

Vielen Dank für das Interview!

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Zuletzt aktualisiert: 02.01.2024
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