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Muskelkater, Freud und Leid sowie verwirrende Messergebnisse: Woche 1 und 2 des „Strong is sexy“-Trainings

Mittlerweile hat unsere Gastautorin Alex zwei Wochen des Strong is sexy-Trainings hinter sich gebracht. Nun zieht sie eine erste Bilanz: Wie ist das Training gelaufen? Zeigen sich bereits positive Wirkungen hinsichtlich Fitness und Lunge? Welchen Herausforderungen musste sie sich stellen? Konnte sie die körperlichen Anzeichen ihrer Mukoviszidose reduzieren?

Die gute Nachricht zuerst: Ich trainiere noch! Die zwei Wochen Strong is sexy-Training habe ich nach den Vorgaben des Buches durchgezogen und meine Nahrungsaufnahme in der Kalorienzähler-App dokumentiert. Somit komme ich auf folgende 2-Wochen-Bilanz:

  • Insgesamt 444 Minuten Sport (Ø 37 Minuten täglich)
  • Insgesamt 4.175 Kraftübungen (Ø 835 Übungen täglich)
  • Pro Woche 1 Tag leichtes Ausdauertraining („Active Rest Day“)
  • Pro Woche 1 Pausentag („Rest Day“)
  • Durchschnittlicher Trainingspuls zwischen 120 und 130 Schläge/ Minute
  • Spitzenpuls während des Training 160 Schläge/ Minute
  • 2.260 durchschnittlich gegessene Kalorien täglich anstatt 2.287
  • Nährwertaufteilung: 40% Kohlenhydrate, 29% Eiweiß, 31% Fett anstatt jeweils 35%
2-Wochen-Bilanz: Zwischen Motivation, Muskelkater, Essensproblemen und Verwirrung ob der Messergebnisse.

2-Wochen-Bilanz: Zwischen Motivation, Muskelkater, Essensproblemen und Verwirrung ob der Messergebnisse.

Das Strong is sexy-Training im Überblick
In den zwei Wochen begegnen mir alle Trainingstypen, die das Strong is sexy-Workout zu bieten hat: EMOM, AMRAP, For Time, Intervall und Countdown. An Tag 3 knallt der Muskelkater voll rein. Tag 3 wird der härteste, weil schmerzhafteste Trainingstag der vergangenen zwei Wochen. Auf dem Programm steht der Trainingstyp „For Time“.


Die 5 Strong is sexy-Trainingstypen

EMOM: „every minute on the minute“. Man trainiert 5 Runden hintereinander. Jede Runde besteht aus 3 Übungen und dauert 1 Minute inklusive einer Pause am Ende von 10-15 Sekunden. Jede Übung muss mehrmals wiederholt werden. Die Anzahl der Wiederholungen ist vorgegeben. Es gibt insgesamt 3 Durchgänge.

AMRAP: „as many rounds as possible“. Man trainiert in 5 Minuten so viele Runden wie möglich. Eine Runde besteht aus mehreren Übungen, die man wie vorgegeben wiederholen soll. Nach den 5 Minuten Training darf man eine Pause machen. Insgesamt gibt es 3 Durchgänge.

For Time: Man trainiert nur eine Runde und zwar auf Zeit. Alle vorgeschriebenen Übungen soll man ohne Pause hintereinander machen.

Intervall: Man trainiert 5 Runden hintereinander, wobei jede Runde 3 Übungen beinhaltet. Die Übung macht man hintereinander. Jeder Übung widmet man sich 20 Sekunden. Nach also insgesamt 60 Sekunden darf man 20 Sekunden Pause machen. Es stehen 3 Durchgänge an.

Countdown: Es gibt nur einen Durchgang. Man macht mehrere Übungen hintereinander und reduziert pro Runde die Anzahl an Wiederholungen entsprechend der Vorgaben. Zum Beispiel 16 Kniebeugen, 16 Liegestützen, 16 Stützsprünge, dann 14, 12, 10 usw. Kniebeugen. Liegestützen, Stützsprünge.

Mehr zu den Trainingstypen in: „Strong is sexy. In 60 Tagen zur Form Deines Lebens“ von Mintra Mattison.


Ich soll 180 Übungen so schnell wie möglich ohne Pause hintereinander machen. Konkret handelt es sich um 30 tiefe Kniebeugen mit anschließender Streckung („No Weight Thruster“), 30 Mal über eine Bank gestützt springen („Bench Hops“) und 30 umgekehrte Liegestützen an einer Bank ausführen („Bench Dips“) und dann alle Übungen jeweils nochmal 20 und 10 Mal. Das schaffe ich nicht ohne Pausen! Während mein Mann auf dem Sofa Fernsehen schaut, quäle ich mich ächzend vor Anstrengung und Muskelschmerzen durch die verdammten Kniebeugen, Hopser und Beugestützen. Da ich keine „Bench“ habe, weil ich keine 30 bis 100 Euro für so eine Fitness-Flachbank ausgeben möchte, stütze ich mich einfach auf die Lehne des Sofas. Auf selbigem sitzt mein Mann und sagt: „Quäl dich doch nicht so. Mach doch einfach weniger und langsamer.“ Darauf erwidere ich trocken: „Ohne Fleiß kein Preis. Das ist leider mein Lebensmotto…weil ich Mukoviszidose habe“, und verdränge den Gedanken, dass es auch oft genug trotz Fleiß keinen Preis gibt bei dieser Erbkrankheit. Nach nur 11 Minuten ist die üble Quälerei aber schon vorbei, ich mache noch die 30 vorgeschriebenen Bauchmuskelübungen, 30 Sekunden Unterarmstütz, Dehnübungen und dann habe ich es geschafft. Die Trainingstypen „For time“ und „Countdown“ fallen mir am schwersten. Die Vorgabe ohne Pausen zu trainieren bringt mich ziemlich schnell an meine Grenzen. Am Tag 5 des Strong is sexy-Trainings steht der „Countdown“ an. Das sind 16, 14, 12, 10, 8, 6, 4 und 2 Ausfallschritte, Walkouts[1]* und die gefürchteten Burpees! Burpees finde ich extrem anstrengend: Hände auf dem Boden vor den Knien aufsetzen, mit den Beinen nach hinten in die Liegestützposition springen, eine Liegestütze machen und einen Strecksprung anschließen und das Ganze ein bisschen zügig bitte! Die Übung in der vorgesehenen Art und Weise auszuführen, schaffe ich genau zwei Mal. Dann gehe ich in die Knie – bei den Liegenstützen und mache anstatt der richtigen nur Frauenliegestützen. Natürlich brauche ich während der 324 Übungen, die ich in 30 Minuten und 20 Sekunden absolviere, mehrere Pausen und fühle mich gar nicht mehr so fit wie ein „Normalo“. Gott, ist das anstrengend! Mein Herz pumpt. Meine Lunge hustet. Ich schnaufe und schwitze in der Torwartstellung, um meinen kranken Körper nicht zu überfordern.

Push Ups oder Pudding?

Bereits an Tag 4 überkommt mich die Verlockung. Zum einen in Gedanken: „Ich könnte doch heute mal schwänzen…Es ist ja schon wieder 21:30 Uhr und Cayston muss ich auch noch inhalieren…“. Zum anderen in Form eines Schoko-Puddings, den mein Mann gerade in der Küche anrührt, während ich mir meine Trainingsklamotten überstreife. Ganz ehrlich, würde ich nicht im Blog über das Training berichten, wäre ich an diesem Tag eingenickt. Ich hätte das Training Training sein lassen und einen lauwarmen Pudding faul auf der Couch verspeist. Aber stattdessen beuge ich zielorientiert meine Knie und Arme, hüpfe im Hocksprung auf die Couch hinauf und wieder herunter. Danach gönne ich mir den mittlerweile erkalteten Schoko-Pudding aber trotzdem oder erst recht. Denn auch heute sagt mir meine Kalorienzähler-App, dass ich noch nicht genug gegessen habe und schon gleich gar nicht genug Eiweiß! Der Pudding trägt zwar nicht positiv zur Eiweiß-Bilanz bei, aber wenigsten zu den 604 Kalorien, die ich noch essen muss.

Herausforderung Nahrungsaufnahme

Für mich ist es unglaublich schwierig 35% meiner Nahrung als Eiweiß zu mir zu nehmen. Regelmäßig verfehle ich mein Eiweiß-Ziel, obwohl ich fast täglich Magerquark, Käse und zwei Mal die Woche Fleisch esse und Buttermilch trinke. Diese Eiweiß-Vorgabe macht es auch nicht gerade einfach immer auf die 2.287 Kalorien pro Tag zu kommen. Am Kalorienziel schramme ich daher pro Tag durchschnittlich um 27 Kalorien vorbei. Außerdem ist es extrem lästig jeden Schluck und Bissen abzuwiegen sowie in der App zu erfassen. Ich trage bereits Blutzuckerwerte, Broteinheiten und Bewegung in meine Diabetes-App ein. Gefühlt verbringe ich mehrere Stunden am Tag mit Dokumentation – der Motivationskiller schlechthin.

Mein Körper das Heizkraftwerk

Aber ich bemerke erste positive Folgen des Trainings, die mich bei der Stange halten. Bereits wenige Tage nach Trainingsbeginn stelle ich eine grundlegende Änderung fest. Abends im Bett habe ich keine kalten Füße mehr. Ganz im Gegenteil – mein Körper ist zu einer Art Heizkraftwerk mutiert. Er fühlt sich komplett durchwärmt an. Es ist keine negative Wärme, die mit ungesundem Schwitzen verbunden ist, wie ich es von Infekten und Entzündungsvorgängen in der Lunge her kenne. Mein Körper ist einfach nur warm. Abends im Bett wärme ich meinem Mann Füße und Hände und nicht mehr er mir. Meine Oberschenkel bilden das Wärmezentrum. Sie spüre ich den ganzen Tag: warm, potent, durchblutet, wabernd. Irgendwie tragen sie meinen Körper stolz und ganz selbstverständlich fünf Stockwerke nach oben. Ich bin deutlich weniger außer Puste als früher, wenn ich oben ankomme.

Stronger and sexier oder Placebo-Effekt in der Wahrnehmung?

Butter bei die Fische. Was haben die zwei Wochen Strong is sexy-Training gebracht? Der Blick in den Spiegel stellt mich ganz zufrieden. Mein Bauch scheint flacher, der Brustkorb etwas entblähter, von meiner Wadenmuskulatur ist selbst mein Mann schwer beeindruckt. Bedauerlicherweise habe ich genau die Waden nicht vermessen und kann den subjektiv empfundenen Muskelzuwachs nicht objektiv mit dem Maßband überprüfen. Meine Oberschenkel wirken in der hellgrauen Skinny-Jeans etwas dicker. Ich habe auch das Gefühl fitter zu sein. Ich atme freier, habe weniger Verspannungen in der Brustwirbelsäule und den Eindruck, dass sich das Sekret leichter löst und weniger wird.

Ich kann meine sportlichen Leistungen in Woche zwei im Vergleich zu Woche 1 steigern. Beim „For Time“-Training bin ich circa 20 Sekunden schneller, obwohl ich die Übungen länger exakt und intensiver ausführe. Für das Countdown-Training benötige ich 2 Minuten weniger. Das ist ein gutes Zeichen, denn man soll seine Leistungen konsequent steigern.

Nun brauche ich mir ja nur noch den objektiven Beweis für mein subjektives Empfinden abholen. Voller Zuversicht vermesse ich meinen CF-Körper, stelle mich an Tag 14 nach dem Aufstehen auf die Waage und – werde herbe enttäuscht!

Die objektiven Erfolge und Misserfolge nach zwei Wochen Workout im Überblick.

Die objektiven Erfolge und Misserfolge nach zwei Wochen Workout im Überblick.

Ich habe ein ganzes Kilo abgenommen! Was? Aber ich habe doch dickere Oberschenkel! 27 Kalorien pro Tag zu wenig können doch nicht so einen starken Effekt haben?! Meine einzige Hoffnung: Vielleicht liegt ein Messfehler vor. Zu Beginn des Trainings habe ich mich irgendwann tagsüber gewogen, glaube ich mich zumindest zu erinnern. Auf keinen Fall nach dem Aufstehen. Und morgens ist man bekanntlich am leichtesten. Der zweite herbe Schlag folgt sofort. Mein Bauch ist im Vergleich zum Rest vom Körper genauso überdimensioniert wie vor zwei Wochen. Exakt gleicher Umfang und dicke Bauchfalte. Das kann doch nicht sein! Gibt es eine Art Placebo-Effekt in der Wahrnehmung? Sehe ich mich einfach nur mit anderen Augen, weil ich trainiere, und nehme meinen Körper anders wahr? Aber dann wäre mein Mann auch von dieser Art des Placebo-Effektes betroffen. Der findet nämlich ebenso, dass mein Oberkörper und Bauch an Umfang verloren haben. Oder trägt das eine Zentimeterchen, das mein Brustkorb an Umfang verloren hat, so viel zur Optik bei? Meine Oberschenkel findet mein Mann genauso dünn wie früher. Laut Maßband konnte ich aber an Oberschenkeln und auch am Bizeps zulegen. Ich bin verwirrt. Alles Messfehler? Richtig enttäuscht bin ich, als ich einen schlechteren Peakflow-Wert blase als zu Trainingsbeginn – 360 anstatt 390. Hier eine Steigerung zu erzielen, hätte mich am meisten gefreut. Da ist er wieder, der Fleiß, der CF-lern keinen Preis bringt. Verdammt.

Haken dran und weitermachen

Wie so oft, versuche ich mich auf das Positive zu konzentrieren. Ich bin fitter, sonst hätte ich die Trainingseinheiten nicht in kürzerer Zeit absolviert. Vielleicht habe ich mich tatsächlich verwogen und bin nicht mit 52 Kilogramm, sondern tatsächlich mit weniger Gewicht ins Training gestartet. Woche 4 wird es zeigen. Meine Beine sind dicker. Und dass die größte Problemzone meines Körpers nicht nach läppischen zwei Wochen eliminiert werden kann, ist irgendwie auch logisch. Also beschließe ich, mich nicht entmutigen zu lassen und starte hoffnungsvoll in Woche 3.

Alex

[1] Walkout-Übung: Hände vor Knie auf den Boden, mit Händen nach vorne in Liegestütz-Position laufen und wieder zurück

Teil 1 der Serie: Strong and sexy in 60 Tagen? Selbsttest einer Mukoviszidose-Betroffenen.

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Zuletzt aktualisiert: 02.01.2024
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