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Nach der Diagnose stabil – bis zum gesundheitlichen Einbruch

Bei Verena wurde Mukoviszidose erst mit zehn Jahren festgestellt. Als Kind hatte sie viele Infekte und war untergewichtig. Nach der Diagnose ging es ihr jedoch zunehmend besser. Ein starker gesundheitlicher Einbruch kam mit der Schwangerschaft und der Geburt ihrer Tochter. In diesem Blogbeitrag berichtet Verena von dieser Zeit. Der Beitrag ist Teil der Aktion „Erzähl Deine Diagnose-Geschichte“ im Mukoviszidose Monat Mai.

Verena nach der Geburt ihrer Tochter - in der Schwangerschaft bracht ihre Gesundheit durch Infekte ein.
Verena nach der Geburt ihrer Tochter – in der Schwangerschaft bracht ihre Gesundheit durch Infekte ein.

Ich heiße Verena, bin (noch) 36 Jahre alt und habe 1996 (mit zehn Jahren) die Diagnose „Mukoviszidose“ bekommen. Es wurde mittels eines Schweißtests festgestellt, welcher sehr eindeutig war. Bei meiner kleinen Schwester wurde es danach ebenfalls diagnostiziert (sie war damals vier Jahre alt).

Ich weiß heute noch genau, wie der Arzt damals zu meinen Eltern sagte „Die Lebenserwartung liegt derzeit bei 20 Jahren.“ In diesem Moment habe ich meine kleine Schwester angeschaut und fing an zu weinen, weil ich nicht wollte, dass sie so früh stirbt. Völlig ungeachtet dessen, dass es mich ja schon früher betreffen könnte/würde. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt immer wieder heftige Infekte und war stark untergewichtig. Nach der Diagnose fing die Therapie an und es ging immer weiter bergauf. Das erste Jahr war anstrengend, regelmäßige IV-Therapien im Krankenhaus, tägliches Inhalieren, mehrmals in der Woche Physiotherapie und die Tabletten, die täglich genommen werden mussten, waren eine große Herausforderung für mich. Ich wollte doch einfach nur wie all meine Freundinnen draußen spielen und Spaß haben.

Mit der Krankheit arrangiert

1997 wurden wir dann auch zur Kur auf Amrum geschickt. Unsere erste und auch einzige Kur bisher. In der ganzen Zeit haben wir uns aber sehr gut aufgehoben und vor allem gut behandelt gefühlt.

Nach circa zwei Jahren war ich gesundheitlich stabil und hatte auch gut an Gewicht zugelegt. Die Ärzte waren zufrieden und ich hatte mich mit meinem neuen Alltag arrangiert. Nach weiteren zwei Jahren durfte ich dann sogar die Enzyme absetzen, ich musste keine Antibiotika mehr nehmen und auch der letzte Krankenhausaufenthalt war schon länger her. Die Physiotherapie wurde auf einmal wöchentlich reduziert. Ich habe sehr viel Sport gemacht und war dankbar, wieder ein recht „normales“ Leben führen zu dürfen.

Meiner Schwester ging es in all den Jahren, und auch heute noch, deutlich besser als mir. Aber das war nie ein Thema zwischen uns.

Kinderwunsch

So lief es nun auch eine ganze Weile. Die CF war eigentlich kaum ein Thema in meinem Leben, bis dann der Kinderwunsch bei mir aufkam. Die Ärzte gaben mir alle grünes Licht, da mein Gesundheitszustand über all die Jahre sehr stabil war und mich eigentlich nichts aus der Bahn geworfen hat.

So kam es, dass mein Mann und ich uns an eine Kinderwunschklinik gewandt haben, da ich aufgrund des zähen Sekrets (und wegen Endometriose), nicht auf natürlichem Weg schwanger werden konnte (davon ist man zumindest ausgegangen). Es wurden viele Untersuchungen durchgeführt. Unter anderem auch bei der Humangenetik, um festzustellen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass unser Kind auch CF bekommen könnte. Die Humangenetik gab grünes Licht. Bei der Humangenetik wurde zudem festgestellt, dass ich eine seltene südamerikanische Mutation habe. Woher auch immer die kommen kann.

Fünf Versuche, drei Fehlgeburten und insgesamt (mit den Versuchen auf natürlichem Weg) sechs lange Jahre hat es gebraucht und plötzlich hatte ich ihn in der Hand…den positiven Schwangerschaftstest. Wir waren so unfassbar glücklich!! Da machte sich ein kleines Wunder auf den Weg zu uns.

Leider keine problemlose Schwangerschaft

Entgegen der anfänglich positiven Einstellung von mir und allen Ärzten, verlief die Schwangerschaft nicht problemlos. Ab dem zweiten Drittel, jagte ein Infekt den nächsten. Letztendlich lag ich über Weihnachten 2020 im Krankenhaus und zwei Wochen später direkt wieder. Diagnose: Lungenentzündung. Zitat der Ärztin: „Wir müssen Ihr Baby morgen per Kaiserschnitt holen, sonst können wir Sie nicht behandeln“. Und so kam es wie es kommen musste, unsere Tochter wurde vier Wochen früher als geplant auf die Welt geholt. Während des Kaiserschnitts war ich bei Bewusstsein (was ein Risiko war, da ich viel Husten musste und schwer Luft bekam, aber ich konnte nur lokal betäubt werden, weil der Anästhesist Bedenken hatte, dass ich mit einer richtigen Narkose nicht mehr wach werde). Mein Mann saß neben mir und wir warteten auf den Babyschrei. Und dann war sie da, groß genug, stark genug mit einem lauten Organ. Die Hebamme zeigte sie uns kurz und brachte sie dann sofort in den Nebenraum, mein Mann durfte sie begleiten. Kurze Zeit später kam er zurück und sagte mir, dass wir eine gesunde Tochter bekommen hatten.

Ich war überglücklich und froh, dass ich mich nun endlich aufs „gesund werden“ konzentrieren durfte. Dass das nicht so einfach wird, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Zwei Tage nach der Geburt wurde unsere Tochter auch auf CF untersucht. Kurze Zeit später die Erleichterung: sie hat KEINE CF.

Allerdings ging es mir immer schlechter. Ich hatte in der Zeit während der Schwangerschaft bereits abgenommen und auch danach ging das Gewicht immer weiter runter. Am Ende hatte ich 20 Kilo weniger als vor der Schwangerschaft. Mein Körper kämpfte mit der Lungenentzündung und zusätzlich mit einer nachträglichen Schwangerschaftsvergiftung, die mich letztendlich auch auf die Intensivstation brachte, da ich unter Krampfanfällen das Bewusstsein verlor. Nach zweieinhalb Wochen durfte ich endlich nach Hause (Mann und Baby waren schon Zuhause).

Einbruch in der Lungenfunktion und Chance durch ein neues Medikament

Kurze Zeit später hatte ich einen Kontrolltermin in der Mukoviszidose-Ambulanz. Ich war schwach, kraftlos und hatte keine Puste mehr. Der Lungenfunktionstest bestätigte mein Gefühl: Mein FEV1 lag nur noch bei 36%. Eine absolute Katastrophe und ein großer Schock! Ich hatte vorher immer um die 78-80%. Ich hatte Glück im Unglück, meine Ärzte in der Ambulanz gingen alle denkbaren Möglichkeiten für mich durch. Am Ende schrieben wir einen Off-Label-Antrag für eine Behandlung mit Symkevi und Kalydeco und schickten diesen zu meiner Krankenkasse. Nach diversen Untersuchungen kam im November 2021 die erfreuliche Nachricht: Die Krankenkasse bewilligte den Antrag für sechs Monate und so startete ich direkt zwei Tage vor Weihnachten mit der Medikation.

Heute geht es Verena gut und sie kann mit mit ihrer Tochter spielen und ihr auch auf dem Spielplatz hinterherrennen.
Heute geht es Verena gut und sie kann mit ihrer Tochter spielen und ihr auch auf dem Spielplatz hinterherrennen.

Ich konnte es kaum glauben, nach kurzer Zeit ging es mir schon deutlich besser! Ich war, und bin es heute noch, so unglaublich dankbar für diese Chance! Inzwischen liegt mein FEV1 wieder bei 56-58%, aber was viel wichtiger ist: Ich hatte seitdem kaum einen Infekt und wenn, war er nicht der Rede wert. Ich kann meiner Tochter auf dem Spielplatz hinterherrennen, ich kann sie hochheben und tragen, ohne nach Luft zu ringen! Da es immer noch ein Off-Label-Antrag ist, muss ich regelmäßig einen neuen Antrag bei der Krankenkasse stellen. Bisher wurde dieser aber immer unkompliziert genehmigt. Ich habe auch wieder zehn Kilo zugenommen und muss nun eher wieder aufpassen, dass ich nicht zu viele Süßigkeiten esse.

Tiefe Dankbarkeit

Die letzten zwei Jahre haben mich viel gelehrt: Vor allem Dankbarkeit! Ich bin dankbar für unser kleines Wunder, das uns nun schon seit zwei Jahren auf Trab hält. Ich bin dankbar für die Forschung, die inzwischen so unglaublich weit ist! Ich bin dankbar für meine Ärzte, die sich für die Therapie und den Off-Label-Antrag eingesetzt haben und auch für die Krankenkasse, die immer alles so unkompliziert genehmigt. Zu guter Letzt bin ich dankbar für meinen Mann und meine Familie, die mich in der schwierigen Zeit nach der Schwangerschaft so unglaublich unterstützt haben und täglich da waren.

Verena

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Zuletzt aktualisiert: 02.01.2024
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