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„Ich möchte das Thema Organspende voranbringen.“

Interview mit Claudia Krogul zu ihrem Blog http://dickydackel.blogspot.de/ 

Claudia Krogul hat Mukoviszidose und hat 2012 eine Spenderlunge erhalten. Seit 2013 betreibt sie einen eigenen Blog, schreibt über ihren Alltag, ihr Leben mit Mukoviszidose und setzt ich für Organspende ein. Wir haben mit ihr über ihren Blog, ihre Transplantation und ihr Engagement gesprochen.

Du hast 2013 mit deinem Blog dickydackel.blogspot.de angefangen. Wie bist Du darauf gekommen, einen Blog zu starten?

Ich hatte vorher schon eine Homepage – schon seit 2003 – und da konnte ich keinen Blog schreiben. Und 2013 habe ich gedacht, jetzt fängst du mal an, einen Blog zu schreiben – eigentlich mehr oder weniger, um meine Gedanken los zu werden. Wie so eine Art Tagebuch. Und daraus hat sich dann ein bisschen mehr entwickelt.

Claudia Krogul beim Urlaub in Dänemark

Claudia Krogul beim Urlaub in Dänemark

Wie kommst Du auf Deine Themen?

Die Themen ergeben sich zum einen aus meinem Alltag, also einfach das, was ich so erlebe. Zum anderen aber auch durch andere Leute, die mir Fragen stellen, wie zum Beispiel „Was darf man nach einer Transplantation essen?“, „Was ist der FEV1-Wert?“. Manchmal greife ich auch Dinge auf, die ich unterwegs so mitbekomme, zum Beispiel, wenn ich auf Messeständen bin.

Wie ist die Resonanz auf Deinen Blog?

Die Resonanz ist auf jeden Fall positiv. Ich bekomme auch viele Kommentare und E-Mails und das sind nicht nur Menschen mit Mukoviszidose oder Transplantierte, sondern auch Gesunde und Angehörige.

Gibt es dabei Themen, die Dir ganz besonders am Herzen liegen?

Natürlich die Organspende, um die nach vorne zu bringen, das ist ja ganz klar. Das mache ich auch in meinem Ehrenamt[1]. Einfach alles, was mit dem Thema Transplantation zusammen hängt. Ich bin mit meiner Geschichte auch öfters in den Medien, im Fernsehen und im Radio, darüber schreibe ich dann auch, damit die Leute wissen, dass sie das einschalten.

Wie kam es dazu, dass Du so häufig in den Medien bist?

Am Anfang bin ich selber zu den Zeitungen gegangen und habe meine Geschichte erzählt und das hat sich dann unter den Redakteuren rumgesprochen. Mittlerweile werde ich angerufen, wenn über Organspende oder Transplantation berichtet werden soll.

Wie kam es zu dem Namen „Dickydackel“ für Deinen Blog?

Meine erste Ponystute, die ich damals hatte, hieß Dicky. Meine Stallkollegen haben die immer „Dackel“ genannt, weil sie so lang war und kurze Beine hatte. Und dann habe ich daraus irgendwann „Dickydackel“ gemacht. Die Stute ist vor 18 Jahren gestorben, aber der Name ist hängengeblieben. Meine Stute ist für mich dadurch immer noch präsent. Sie hat mir wirklich viel geschenkt. Wenn ich auf Veranstaltungen bin oder in der MHH werde ich tatsächlich auch manchmal als „Dickydackel“ angesprochen. Das ist total verrückt.

Deine Haustiere sind ja generell ein großes Thema bei Dir.

Ja, mein Pferd und meinen Hund musste ich leider letztes Jahr gehen lassen und jetzt habe ich nur noch zwei Katzen und 11 Meerschweinchen. Das Pferd und der Hund waren schon mein Leben, die beiden hatte ich 16 Jahre lang. Die Katzen habe ich seit letztem Jahr und die bleiben auch im Haus. Denn wenn die rausgehen, könnten sie sich ja Toxoplasmose einfangen und das wäre für mich als Transplantierte problematisch.

Als ich mich für die Transplantation habe listen lassen, hieß es ja noch, dass ich Hund und Pferd nach der Transplantation für ein Jahr abgeben müsse. Eine Woche nach der Transplantation kam dann die Schwester zu mir und meinte „Das hat sich alles geändert. Du kannst deinen Hund sofort sehen und direkt zum Pferd fahren.“ Ich habe so geheult. Das war das Schönste, was sie mir nach der Transplantation hätte sagen können. Den Hund habe ich dann eine Woche, nachdem ich wieder zuhause war, zurück zu mir geholt und bin acht Wochen nach der Transplantation wieder reiten gegangen. Das war dann aber zu früh, das ging mit den Narben noch nicht. Es tat einfach weh. Da ich Osteoporose habe, durfte ich auch danach nicht mehr reiten, aber dann bin ich mit dem Pferd einfach spazieren gegangen. Im Stall war ich dann natürlich auch nur mit Mundschutz und auch bei den Meerschweinchen habe ich immer einen Mundschutz auf.

Du hast im Jahr 2012 eine Spenderlunge erhalten. Wie ging es Dir vor der Transplantation?

Vor der Transplantation brauchte ich 24 Stunden am Tag Sauerstoff. Ich wurde ein Jahr vorher noch nachts beatmet. Lange Strecken konnte ich nur noch mit dem Rollstuhl machen, bei kurzen Strecken habe ich den Rollator genommen. Ich konnte teilweise keine 100 Meter mehr gehen. Jeden Abend habe ich Blut gehustet und an Schlafen war nicht wirklich zu denken. Es war schon eine heftige Zeit vorher. Bei den ganzen Hustenattacken hatte ich auch Erstickungsangst. Und dann mindestens vier Stunden am Tag inhalieren, damit man irgendwie Luft bekommt. Ich habe dann quasi nur noch zuhause gesessen und ferngesehen.

Wie lange hast du auf eine Spenderlunge gewartet?

Gewartet habe ich zwei Jahre und drei Monate. Sie hatten mir vorher gesagt, dass ich mit einem Jahr rechnen muss. Nach einem Jahr habe ich mich dann schon gefragt, ob ich wohl noch ein Organ bekommen werde. Irgendwann bin ich auch nicht mehr zusammengezuckt, wenn das Telefon geklingelt hat, weil ich mit dem Anruf nicht mehr gerechnet hatte. Ich habe nicht mehr wirklich darüber nachgedacht. Bis dann eines Nachts das Telefon klingelte. Da war mir dann klar: Das kann nur dieser eine Anruf sein. Da wird einem ganz anders, wenn die am Telefon zu einem sagen: „Wir haben ein Organangebot für Sie.“

Sie hatten mir vorher gesagt, dass ich immer einen Koffer gepackt haben soll. Man hätte dafür dann keine Zeit mehr. Ich hatte aber zwei Stunden Zeit, bevor sie mich abgeholt haben. Und dann in der Klinik habe ich noch einmal 12 Stunden gewartet. Bis abends wusste ich nicht, ob das Organ angenommen wurde. Um 17 Uhr habe ich mal nachgefragt und da haben sie mir erzählt, dass das Organ in Ordnung ist und die OP für 20 Uhr angesetzt ist.

Und wie geht es Dir jetzt, fünf Jahre später?

Jetzt geht es mir natürlich bombig. Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Ich kann jetzt wieder alles machen. Fangen wir bei den simplen Sachen an: Treppensteigen geht wieder ohne Probleme. Oder einfach mal Spazieren gehen oder Fahrrad fahren. Im Sommer machen wir zum Beispiel große Touren mit dem Fahrrad.

Natürlich kann ich jetzt auch wieder so etwas wie dieses Interview machen. Ich bin mit 19 Jahren noch während der Ausbildung in Rente gegangen. Auch jetzt gehe ich nicht arbeiten, engagiere mich aber ehrenamtlich. Sonst würde mir auch die Decke auf den Kopf fallen. Ich gehe raus und erzähle meine Geschichte. Zum Beispiel kläre ich in Schulen über Organspende auf und halte da Vorträge. Ich bin im Bundesverband der Organtransplantierten, im Netzwerk Organspende NRW und beim Tag der Organspende bin ich auch dabei. Ich habe also ganz schön viel zu tun.

Gibt es etwas, das Du anderen Mukoviszidose-Betroffenen mit auf den Weg geben möchtest?

Sie sollen weiter kämpfen, sich nicht unterkriegen lassen und ihr Ding durchziehen. Also das machen, wozu sie Lust haben und sich nicht reinreden lassen. Irgendwie schafft man das. Wir Mukoviszidose-Patienten sind so kämpferisch und so hart im Nehmen, dass wir das, was wir machen wollen, auch hinkriegen.

Gibt es noch etwas, das Dir besonders wichtig ist?

Entscheidet Euch alle für Organspende. Denkt über Organspende nach, redet mit Euren Angehörigen darüber und entscheidet Euch. Es ist egal, ob ja oder nein, aber entscheidet Euch. Das ist mir wichtig.

Vielen Dank dafür, dass Du uns Deine Geschichte erzählt hast.

Das Interview führte Juliane Tiedt.

Zum Blog von Claudia Krogul

Hinweis: WDR-Beitrag

Am 20. Januar 2018 hat der WDR im Rahmen eines Beitrags zum Thema Organspende auch mit Claudia Krogul gesprochen.

Beitrag ansehen

[1] Zum Beispiel im Vorstand des Bundesverband der Organtransplantierten e.V.

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Zuletzt aktualisiert: 02.01.2024
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