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Wie entwickeln Pseudomonaden Resistenzen gegen Antibiotika und Bakteriophagen?

„EinBlick in die Forschung“ von Prof. Martin Witzenrath und Dr. Gopinath Krishnamoorthy

Der Mukoviszidose e.V. fördert viele unterschiedliche Forschungsprojekte zur Mukoviszidose. Mit unserer Reihe „EinBlick in die Forschung“ möchten wir mit Euch einen Blick in die Projekte der von uns geförderten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werfen. Heute stellen wir Euch das Projekt von Prof. Martin Witzenrath und Dr. Gopinath Krishnamoorthy vor, die mit ihrer Arbeitsgruppe zu Resistenzmechanismen von Pseudomonas aeruginosa und zur Interaktion von Pseudomonaden und Bakteriophagen forschen. Im Interview erläutern die beiden Wissenschaftler ihr aktuelles Projekt, das der Mukoviszidose e.V. über seine Forschungsförderung mit 19.000 Euro unterstützt.

Prof. Markus Witzenrath (links, Foto: Markus Blank) und Dr. Gopinath Krishnamoorthy (Foto: G. Krishnamoorthy) forschen zu Resistenzmechanismen von P. aeruginosa.
Prof. Markus Witzenrath (links, Foto: Markus Blank) und Dr. Gopinath Krishnamoorthy (Foto: G. Krishnamoorthy) forschen zu Resistenzmechanismen von P. aeruginosa.

Welche Frage(n) soll Ihr Projekt beantworten?

Krankmachende Bakterien, die gegen die meisten allgemein verfügbaren Antibiotika resistent sind, nehmen weltweit zu. Bakteriophagen sind Viren, die Bakterien kontrollieren können, und sie könnten eine Alternative zu Antibiotika darstellen. Die Entwicklung einer bakteriellen Resistenz gegen Bakteriophagen stellt jedoch ein realistisches Problem dar. Deshalb ist es wichtig, die Mechanismen zu verstehen, durch die Bakterien eine Bakteriophagen- oder Antibiotikaresistenz entwickeln. In diesem Pilotprojekt untersuchen wir daher, wie Pseudomonas aeruginosa, ein Bakterium, das häufig Menschen mit Mukoviszidose kolonisiert oder infiziert, eine Resistenz gegen Bakteriophagen erwirbt, und ob die bakterielle Reaktion auf Bakteriophagen und auf einige gegen die Zellhülle gerichtete Antibiotika (z. B. Meropenem, Colistin) zusammenhängen.

Warum sind diese Fragen wichtig?

Bakterielle Infektionen können wirksam mit Antibiotika behandelt werden. Manchmal werden Bakterien jedoch im Laufe einer längeren Behandlung resistent gegen Antibiotika (das heißt, sie können von den Antibiotika nicht abgetötet werden). Sobald ein Keim gegen viele Antibiotika resistent wird, kann die Behandlung der Infektionen schwierig werden und sich zudem von einer Person zur anderen ausbreiten. Dabei haben antibiotikaresistente Varianten von P. aeruginosa sogar unter den Bedingungen im Respirationstrakt während einer solchen Antibiotikatherapie selbst einen Vorteil, da resistente Bakterien sich weiter ausbreiten können, während andere verdrängt werden.  Darüber hinaus verändern P. aeruginosa-Varianten ihren Phänotyp (z. B. kleine Kolonievariante, mukoide Form); sie formen eine schleimige Schicht (den sogenannten Biofilm) oder ein gummiartiges Zuckerpolymer (z. B. Alginat) in den Atemwegen der betroffenen Lunge, die eine Toleranz gegenüber Antibiotikawirkungen verleihen.

Derzeit erforschen mehrere wissenschaftliche Arbeitsgruppen die Bakteriophagen-Therapie mit dem Ziel, die Medikamentenbelastung zu verringern und die Behandlungsdauer bei Patienten mit antibiotikaresistenten Infektionen zu verkürzen. Eine der Herausforderungen beim Einsatz von Bakteriophagen ist, wie bei den Antibiotika, die Entstehung von Resistenzen. Bakteriophagen zielen in der Regel auf die bakterielle Zellhülle ab, wie dies auch bei einigen anderen Antibiotika der Fall ist. Wir wollen daher die spezifischen Veränderungen in P. aeruginosa während des Übergangs vom anfälligen (sofortiger Bakterientod) über das persistente/tolerante (Überleben der Bakterien ohne weitere Vermehrung) bis hin zum resistenten (Vermehrung auch in Gegenwart von Bakteriophagen) Stadium während der Bakteriophagen-Behandlung unter Laborforschungsbedingungen verstehen.  Die Ergebnisse der Studie können entscheidend für die Entwicklung einer therapeutischen Maßnahme sein, um das Risiko einer Resistenzentwicklung bei Patienten zu minimieren. Die gewonnenen Daten werden genau auf gemeinsame Mechanismen für Phagen- und Antibiotikatoleranz sowie auf die Möglichkeit eines „evolutionären Trade-offs“ oder einer „kollateralen Empfindlichkeit“ untersucht. Das bedeutet, dass Bakterien bei der Entwicklung einer Resistenz gegen Bakteriophagen unbeabsichtigt eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber anderen Antibiotika/Medikamenten erwerben.

P. aeruginosa-Biofilme (grün), die mit dem Antibiotikum Meropenem behandelt wurden. Mithilfe der Mikroskopie kann das Biofilm-Wachstum von P. aeruginosa unter dem Druck der Therapie mit Meropenem im 3-D-Bildformat beobachtet werden. Foto: Mukoviszidose e.V.
P. aeruginosa-Biofilme (grün), die mit dem Antibiotikum Meropenem behandelt wurden. Mithilfe der Mikroskopie kann das Biofilm-Wachstum von P. aeruginosa unter dem Druck der Therapie mit Meropenem im 3-D-Bildformat beobachtet werden. Foto: Mukoviszidose e.V.

Welchen Nutzen erwarten Sie für CF-Patienten?

Die von uns geplante experimentelle Forschung ist gänzlich laborgestützt und zielt darauf ab, grundlegende Erkenntnisse über die Reaktion von P. aeruginosa auf Antibiotika und Bakteriophagen zu gewinnen. Um die erzielten Ergebnisse in die Klinik übertragen zu können, ist ein sehr sorgfältiger und akribischer Ansatz erforderlich. Nichtsdestotrotz sollte unsere Forschungsarbeit zur Charakterisierung der Toleranz und des damit verbundenen phänotypischen Übergangs zur Resistenz künftige klinische Anwendungen finden, wie z. B. (i) die Identifizierung von Maßnahmen zur Blockierung bakterieller Bakteriophagen-/Antibiotika-Toleranzmechanismen; (ii) die Verringerung des Risikos des Erwerbs einer Bakteriophagen-/Antibiotika-Resistenz; und (iii) die Erhöhung der Chancen einer vollständigen Beseitigung der Bakterien und damit die Verbesserung der therapeutischen Erfolgsrate bei verkürzter Behandlungsdauer bei Patienten mit Mukoviszidose.

Welche Experimente führen Sie zur Beantwortung Ihrer Fragen durch?

Vereinfacht ausgedrückt ist das Kopieren der Information von der DNA (Gene) in die RNA ein entscheidender Schritt zur Synthese von Proteinmolekülen, die für die normale bakterielle Funktion und die Reaktion auf Stress (z. B. Bakteriophage/Antibiotikum) erforderlich sind. Die Messung der Veränderungen im RNA-Gehalt (mit einer Methode namens RNA-Sequencing), die für einen bestimmten Zustand spezifisch ist (“RNA-Signatur“), ist oft nützlich, um Einblicke in den zugrundeliegenden biologischen Prozess zu gewinnen. In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Kai Papenfort, Friedrich-Schiller-Universität Jena, erstellen wir solche Signaturen aus der RNA von P. aeruginosa, die sich von „empfindlich“ zu „resistent“ gegenüber Bakteriophagen entwickelt. Potenzielle RNA-Signaturen, die spezifisch für das Toleranz- oder Resistenzstadium sind, werden mit P. aeruginosa, die den Bakteriophagen-Angriff in Mäuselungen überlebt haben oder mit Antibiotika behandelten Proben weiter überprüft. Schließlich werden wir die Wirkung der Hemmung der bakteriellen Persistenz/Toleranz durch kleine Moleküle testen, um die Wirksamkeit von Bakteriophagen/Wirkstoffen gegen P. aeruginosa-Isolate von Mukoviszidose-Patienten zu verbessern.

Warum haben Sie sich beim Mukoviszidose e.V. um eine Projektförderung beworben?

Die Ziele unseres Projekts stimmen natürlich gut mit den Kernprinzipien des Mukoviszidose e.V. überein, da die Projektergebnisse im Erfolgsfall unser Verständnis der grundlegenden Biologie von P. aeruginosa und ihrer Bedeutung für das Phänomen der Bakteriophagen/Antibiotika-Persistenz und -Toleranz in der CF-Lunge während der Therapie verbessern werden. Wir hoffen, den Mitgliedern des Mukoviszidose e.V. mit unseren Arbeiten einen hilfreichen Dienst zu erweisen.

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg bei dem Projekt!

Wir werden das Projekt mit unserer Berichterstattung weiter begleiten.

Das Interview führte Carola Wetzstein.

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Zuletzt aktualisiert: 02.01.2024
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