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Blog

Simona: Meine Erfahrungen in der CF-Ambulanz

Im Mukoviszidose Monat Mai dreht sich 2025 alles um das Thema Mukoviszidose-Versorgung. Simona schildert uns in diesem Blogbeitrag ihre Erfahrungen in der CF-Ambulanz. Als Kind erlebte sie die Behandlung in der Uniklinik als belastend und sie wechselte als junge Erwachsene in eine Kinderarztpraxis. Heute wird sie wieder an der Uniklinik behandelt. Obwohl sie im Großen und Ganzen mit der Behandlung zufrieden ist, merkt sie, dass es Defizite gibt, zum Beispiel, wenn weitere Fachärzte zu Rate gezogen werden müssen.

Erinnerungen an die Kindheit: lange Wartezeiten 

Meine ersten Erfahrungen mit einer CF-Ambulanz machte ich als Kind (nach der Diagnose mit fünf Jahren) in einem Universitätsklinikum. Dort war ich bis Anfang 1989 in Behandlung. Ehrlich gesagt erinnere ich mich an diese Zeit nicht besonders gerne. Die Wartezeit, bis mir endlich Blut abgenommen wurde, war unendlich lang. Natürlich musste ich nüchtern erscheinen. Wenn ich dann aber trotz Termin um 8 Uhr endlich um 10 Uhr dran war, knurrte mein Magen geräuschvoll. Beim Blutabnehmen war ich dann dermaßen hungrig, erschöpft und genervt, dass ich der Schwester am liebsten in die Hand gebissen hätte. Zurück im Wartezimmer riss ich meiner Mutter das Frühstück aus der Hand und schlang es gierig hinunter. Die Warterei setzte sich allerdings fort. Es dauerte ewig, bis ich zum Arzt vorgelassen wurde, und wenn dann noch ein Röntgentermin vorgesehen war, war der Tag schon beinahe herum. Als Kind waren solche Wartezeiten echte Geduldsproben und eine Zumutung, auch für meine Eltern. Ich kann mich dort an keinen einzigen Termin erinnern, der zeitlich je reibungslos verlaufen wäre. 

Ein weiteres Problem war, dass in einer Uni-Klinik die Ärzte regelmäßig wechselten. Immer dann, wenn ich halbwegs Vertrauen gefasst hatte, war der Arzt oder die Ärztin auch schon wieder weg, und ich musste wieder von vorne anfangen. Möglicherweise klingt das banal, aber für Menschen mit der Multiorganerkrankung CF ist es immens wichtig, eine gewisse Kontinuität in der Behandlung zu haben, die auch von einem Vertrauensverhältnis geprägt sein sollte. Ein vertrauensvolles Arzt-Patientenverhältnis war unter diesen Umständen schwierig für mich.

Mit 22 Jahren: Wechsel in die Kinderarztpraxis

Danach wechselte ich in eine Kinderarztpraxis, auch wenn ich zu dem Zeitpunkt bereits 22 Jahre alt war. Diese Kinderarztpraxis hat zum Glück neben Kindern mit Mukoviszidose auch betroffene Erwachsene behandelt. Bis Oktober 2020 war das meine CF-Ambulanz. Die Ärzte und das gesamte Praxisteam waren super nett und zugewandt. Ich habe mich gesehen und verstanden gefühlt, ich war dort gut aufgehoben. Ich konnte mit meinem CF-Arzt auf Augenhöhe kommunizieren. Geduldig antwortete er mir auf meine Fragen, hörte mir zu und hat auch mit sich diskutieren lassen, wenn ich mit einem Therapievorschlag seinerseits nicht einverstanden war. Natürlich war er irgendwann mit den speziellen CF-Erwachsenenproblemen überfordert, aber er hat immer versucht, diese mit in den Blick zu nehmen.

Mehr Beschwerden im Erwachsenenalter 

Je älter jemand mit CF wird, desto häufiger treten andere körperliche Beschwerden und Bedürfnisse hinzu, die bei betroffenen CF-Kindern meistens noch keine Rolle spielen. Beispielsweise nimmt die Gefahr von Darmentzündungen bei erwachsenen Betroffenen deutlich zu, bis hin zu Darmkrebs. Auch die Probleme mit Osteoporose nehmen meist erst bei den Erwachsenen an Fahrt auf. Bei Frauen kommen dann irgendwann die Wechseljahre hinzu, die großen Einfluss auf den Hormonhaushalt haben können und damit eine Diabeteseinstellung noch komplizierter machen etc. pp. 

Leider konnte die Praxis Ende 2020 aus nachvollziehbaren Gründen keine CF-Erwachsenen mehr behandeln. Das war schon ziemlich bitter für mich, denn die Alternativen für eine CF-Erwachsenenambulanz waren und sind deutlich eingeschränkt. Ich finde es nach wie vor absurd, dass Ärzte und Wissenschaftler darum bemüht sind, Mukoviszidose-Betroffene durch neue Therapieansätze und Medikamente mehr Lebensjahre zu ermöglichen, dann aber die Versorgung für älter werdende Erkrankte kaum oder nur defizitär vorhanden sind. Es gibt einfach zu wenige Ambulanzen und Ärzte, die auf erwachsene Patienten mit ihren zusätzlichen gesundheitlichen Problemen eingestellt sind.

Rückkehr in die Uniklinik

Jetzt bin ich wieder im selben Universitätsklinikum, denn dort gibt es zwischenzeitlich eine der wenigen CF-Erwachsenenambulanzen, die sich halbwegs in der Nähe meines Wohnortes befindet. Nach wie vor können die Wartezeiten sehr lang werden, aber das gesamte Ambulanzteam ist super nett und sie tun alles, was in ihrer Möglichkeit steht. Und jetzt kommt das Aber. Die Ärzt*innen sind Lungenfachärzt*innen, was zwar gut ist, aber nur einen Teil der erforderlichen Erwachsenen-Versorgung abdeckt. Immerhin kann ich dort eine Sonografie, oder auch eine Magen- und Darmspiegelung machen lassen. Natürlich wird mir dort Blut abgenommen, eine Lungenfunktion gemacht und auch eine Röntgenaufnahme oder ein CT ist dort möglich. Für alles andere, muss ich mir die Fachärzte selber suchen (Kardiologe, Diabetologe, Gastroenterologe, Knochendichtemessung, Rheumatologe usw.). Das ist zeit- und nervenraubend. Jeder, der schon mal versucht hat, zeitnah einen Facharzttermin zu ergattern, weiß, wie nahezu unmöglich das geworden ist. Die Termine werden nach meinen letzten Erfahrungen selten vor einem halben bis dreiviertel Jahr vergeben.     

Ein Problem gibt es, wenn ich ein akutes medizinisches Problem habe. Ich kann nicht einfach in der Ambulanz auftauchen, um direkt mit den Ärzten zu sprechen. Der Hausarzt ist leider keine Alternative, denn er hat von CF schlicht keine Ahnung. Wenn ich ein Problem bekomme, muss ich mich in die Notaufnahme des Klinikums begeben. Das war in der Kinderarztpraxis anders, dort konnte ich immer hingehen, um das Problem direkt zu besprechen.

Mit Sorgen in die Zukunft blicken   

Mit anderen Worten, von einer interdisziplinären Versorgung, bei der Fachkräfte aus verschiedenen Disziplinen wie Medizin, Therapie und ggf. Pflege zusammenarbeiten, um ganzheitlich und umfassend auf die Bedürfnisse von Erkrankten einzugehen, ist auch diese Klinik meilenweit entfernt. Wenn ich mir dann die zukünftige gesundheitspolitische Stoßrichtung auf Bundesebene anschaue, kann einem chronisch kranken Menschen wie mir durchaus angst und bange werden. Gesellschaftspolitisch sind Erkrankte, die kostenintensive Behandlungen benötigen wie z.B. CF-Betroffene, einfach nur ein Kostenfaktor. Die Menschen dahinter werden immer weniger gesehen, das macht mir große Sorgen. Ableismus lässt laut grüßen.

Dankbarkeit 

Dennoch bin ich dankbar, dass es diese Ambulanz gibt. Auch mit dieser Ärztin kann ich auf Augenhöhe sprechen, sie hört mir zu und versucht selten, mich zu irgendeiner Therapieidee zu drängen. Dankbar bin ich auch dafür, dass die Medikamente problemlos verschrieben werden (das funktioniert per E-Mail-Bestellung sehr gut). Ein Universitätsklinikum hat zum Glück auch die Möglichkeit, große Mengen, die ich ja nun einmal benötige, zu verschreiben. Das ist auf jeden Fall eine entlastende Tatsache.

Abschließend würde ich mir wünschen, dass eine interdisziplinäre Gesundheitsversorgung eine Chance erhält, in die Realität umgesetzt zu werden. Das würde vielen chronisch Erkrankten das Leben deutlich erleichtern. 

Simona Köhler
 

Über die Autorin

Simona Köhler, Jahrgang 1967, eine lebenserfahrene Mukoviszidose-Betroffene, lebt mit ihrem Mann in Pinneberg. Sie wurde u.a. zur Tanzpädagogin ausgebildet und unterrichtete viele Jahre Tanz. Nach dem Verwaltungsstudium arbeitet sie heute in der Hamburger Kulturbehörde als Referentin für Kinder- und Jugendkulturprojekte. Seit ihrem 18. Lebensjahr engagiert sie sich ehrenamtlich für Menschen mit Mukoviszidose. 

Wie das Tanzen ist auch das Schreiben für sie eine Möglichkeit, unklaren Gefühlen zu begegnen oder den Kopf wieder frei zu bekommen. Mit ihren Texten möchte sie ihre Erfahrungen im Umgang mit Mukoviszidose weitergeben. Zunehmend setzt sie sich in ihren Texten kritisch mit „Ableismus“ auseinander, um für dieses Thema zu sensibilisieren. 

Auf Instagram findet Ihr Simona unter @simonatanzt.

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Zuletzt aktualisiert: 09.05.2025