David ist einer von zwölf Mukoviszidose-Betroffenen, die als Patientenforscher am Patient Science-Projekt mitwirken, das das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) zusammen mit dem Mukoviszidose e.V. und zwei weiteren Projektpartnern durchführt. Gemeinsam mit Berufsforschern erheben die Patientenforscher die zentralen Alltagsprobleme im Leben von Mukoviszidose-Betroffenen und ihren Angehörigen und untersuchen den möglichen Unterstützungsbedarf. Im Interview erzählt er uns vom Projekt.
In meinem Fall wurde ich vom Projektteam auf eine Mitarbeit angesprochen. Als mir klar wurde, wie das Projekt aufgesetzt ist, sagte ich gern zu. Das Forschungsthema wurde ja von den beteiligten Patientenforschern ganz wesentlich ausgewählt und definiert.
Eher weniger. Ich habe zwar vor 30 Jahren Elektrotechnik studiert, habe aber danach nie auf wissenschaftlichem Feld gearbeitet. Trotzdem interessierte ich mich immer für wissenschaftliche Fragestellungen in den verschiedensten Feldern – ganz besonders natürlich für die CF-Forschung.
Ziel ist, die wichtigsten Alltagsprobleme von Mukoviszidose-Betroffenen und ihren Angehörigen umfassend zu ergründen. So wird Unterstützungsbedarf transparenter und Hilfe kann noch gezielter geleistet werden.
Gestartet wurde mit der Frage „Was wollen wir erforschen? Welches Thema hat die maximale Relevanz für das Leben der CF-Betroffenen?“ Hierzu fanden zu Beginn zwei ganztägige Workshops statt, wo mögliche Forschungsthemen gesammelt, diskutiert, bewertet und abgestimmt wurden.
Als feststand, dass das vorgenannte Thema erforscht wird, wurde in einem längeren Prozess die aktuell laufende Online-Befragung entwickelt. Dazu gehörten Abstimmungen, Überarbeitungen, Telefonkonferenzen usw.
Bis Ende September sind alle eingeladen, die Online-Befragung zu beantworten und damit für ein möglichst repräsentatives Ergebnis zu sorgen.
Danach werden die Ergebnisse ausgewertet und statistisch analysiert. Daraus entstehen Handlungsempfehlungen. Der Abschluss wird die Veröffentlichung der Ergebnisse sein mit dem Ziel, dass anschließend die identifizierten Problemfelder bestmöglich angegangen werden können.
Ganz unterschiedlich. An den Workshops waren natürlich alle beteiligt. Meine Schwerpunkte waren die Themenblöcke Wohnen und Haushaltsführung wie auch Therapie und Versorgung. Daneben war ich an der Recherche beteiligt, was an vergleichbarer Forschung in anderen Ländern bereits lief.
Das ist eine ziemlich positive Horizonterweiterung. Ist ja eine neue Situation z.B. mit Ärzten zusammenzuarbeiten, denen ich sonst als Patient im Ambulanz- bzw. Krankenhausalltag begegne. Der Perspektivenwechsel war für beide Seiten sicher neu, war aber in meiner Wahrnehmung keine Schwierigkeit.
Ich wünsche mir, dass das Projekt für ein sehr umfassendes und genaues Bild der aktuellen Lebenssituation der CF-Betroffenen und ihrer Angehörigen sorgt. Für mich besonders spannend: wie beeinflussen die verschiedenen Alltagsfaktoren einander? Zum Beispiel: Wie sehen die Wechselwirkungen aus zwischen Familie, Partnerschaft, Wohnsituation, Entfernung zur Ambulanz, Arbeitsplatz-/Schulsituation, Finanzen usw. in Verbindung mit der Lebensqualität und dem Schweregrad der Mukoviszidose?
Außerdem: wenn bislang unbekannte Problemfelder erkannt werden, auf denen künftig unterstützt werden kann, so wäre das ein weiterer Erfolg. Schließlich führt ja die erfreulicherweise zunehmende durchschnittliche Lebenserwartung von uns Mukoviszidose-Patienten zu neuen Fragestellungen. Manche Patienten kommen heute in die Situation z.B. die Versorgung ihrer pflegebedürftigen Eltern zu organisieren.
Aber: Erkennen von Unterstützungsbedarf und Wissen um Problemfelder ist nur der erste Schritt. Entscheidend ist das Aufnehmen und Umsetzen der Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen. Das ist eine Chance für Patienten und Angehörige. Nur bei erkannten Herausforderungen kann man ja präventiv handeln, Probleme angehen oder Hilfe suchen. Das Aufnehmen der Forschungsergebnisse wird aber auch ein Handlungsfeld für die Ambulanzen, Selbsthilfegruppen, Kostenträger und alle beteiligten Einzelpersonen sein.
Die Bürgerwissenschaften erweitern den Blickwinkel auf die zu untersuchenden Fragestellungen. Klar, ohne professionelle Wissenschaftler wird es niemals gehen. Aber durch die Bürgerbeteiligung kommt es zu mehr im Alltag anwendbaren Forschungsergebnissen.
Das Interview führte Carola Wetzstein.
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