24 Stunden am Stück laufen? Am 28. August 2021 stellen sich fünf Mukoviszidose-Betroffene dieser Challenge: Ingo Sparenberg, Stephan Kruip, Reiner Heske, Thomas Kotzur und Richard Köhler werden beim 24-Stunden-Lauf der Laufkultur Magdeburg antreten – und gemeinsam so viele Kilometer wie möglich für Menschen mit Mukoviszidose sammeln. Denn mit der Aktion wollen die fünf auch Spenden für die Projekte des Mukoviszidose e.V. erlaufen. Stephan Kruip ist Bundesvorsitzender des Mukoviszidose e.V. und macht sich auch für das Thema Versorgung von CF-Betroffenen stark. Wir haben mit ihm über die Challenge gesprochen.
Was ist deine Motivation, bei der 24h-CF-Challenge mitzumachen?
Laufen ist für mich ein Lebenselixier. Diese für einen chronisch Kranken etwas verrückte Herausforderung vor mir zu haben, ist die beste Motivation für das Laufen und hilft mir, meine geplanten Trainingsumfänge auch einzuhalten. So war es bei meinen bisherigen Marathonläufen auch: Das Gesunde an so einem Event ist nicht der Lauf selber, sondern das Training und die Vorbereitung. Ich freue mich sehr darauf, mit den vier Jungs viele Kreise um den Magdeburger See zu drehen!
Du möchtest hiermit auch auf das Thema Versorgung von CF-Betroffenen aufmerksam machen. Wo liegen hier die Probleme?
Die notwendige komplexe Versorgung der Mukoviszidose-Patienten in Spezialambulanzen wird meist nicht ausreichend finanziert, so dass es immer wieder passiert, dass die unverzichtbare medizinische Betreuung für uns Betroffene gefährdet ist. Die schlechte finanzielle Situation vieler Ambulanzen verstärkt außerdem noch den Mangel an spezialisierten Fachkräften für Mukoviszidose, insbesondere im Bereich der Pflege.
Was tut der Mukoviszidose e.V. dagegen?
Auch in Sachsen-Anhalt hat sich der Mukoviszidose e.V. bereits 2019 mit einer Petition an den Landtag gewandt, um die Versorgung von Mukoviszidose-Patienten langfristig sicherzustellen. Offenbar werden wir als Patienten mit unseren Sorgen aber nicht ernst genommen: Der dortige Petitionsausschuss hat uns Anfang Mai 2021 mitgeteilt, dass er das Petitionsverfahren wegen der Neuwahl ohne Ergebnis einfach abschließt, wir sollten uns dann später an den Petitionsausschuss der neuen Legislaturperiode wenden. Wir haben daraufhin protestiert und konnten erreichen, dass der Petitionsausschuss die Petition jetzt doch an die Landesregierung weiterleitet und um eine Stellungnahme bittet. Wir hoffen, dass wir so Verbesserungen in der Versorgung anstoßen können.
In Bayern sind wir diesem Ziel schon näher. Dort lief ebenfalls ein solches Petitionsverfahren, das in diesem Jahr abgeschlossen wurde. Der Gesundheitsausschuss hat uns mitgeteilt, dass dort an zwei Hochschulambulanzen eine höhere Pauschale für die Mukoviszidose-Versorgung ausgehandelt wurde. Ein erster Schritt in die richtige Richtung, doch die Versorgung ist immer noch nicht kostendeckend. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass langfristige Lösungen gefunden werden.
Du bist Bundesvorsitzender des Mukoviszidose e.V., selbst von CF betroffen, Mitglied im Deutschen Ethikrat, berufstätig, Familienvater – und läufst jetzt bei der 24h-CF-Challenge mit. Woher nimmst du die Kraft für all diese Projekte?
Ich habe in meinem Leben bislang sehr viel Glück gehabt: Meine Eltern haben sich sehr für mich engagiert, ich habe die Unterstützung meiner Frau und der Familie, und der Verlauf meiner Mukoviszidose ist viel besser als vor 30 Jahren vorausgesagt. Deshalb empfinde ich es als Ehre, dass ich meine Erfahrung mit dieser Erkrankung für andere, und sogar im Deutschen Ethikrat einbringen darf. Im Verein und als Mitglied des Ethikrats bekomme ich außerdem viel Unterstützung von den Mitarbeitern. Und ehrlich gesagt: Das allermeiste von dem, was ich ehrenamtlich mache, macht mir Spaß und erzeugt eine viel größere Zufriedenheit, als wenn ich mich im Nichtstun üben würde.
Was sind für dich die größten Herausforderungen bei diesem Lauf?
Ich bin es nicht gewohnt, im Dunkeln zu laufen, und ich habe schon sehr lange keine Nacht mehr durchgemacht. Ich kann aus meiner Marathon-Erfahrung ungefähr abschätzen, was bei den ersten 42 km passiert, aber was danach kommt, ist unbekanntes Terrain, und ich kann es auch vorher nur sehr begrenzt erkunden. Ich weiß auch noch nicht, wie ich mir Lauf-, Geh- und Ruhezeiten über die 24 Stunden optimal einteilen kann. Es bleibt eben ein Abenteuer!
Gibt es noch etwas, das du gerne loswerden möchtest?
Ich war 2019 in der Rehaklinik in St. Peter-Ording, und zwar gleichzeitig mit meinem Freund Burkhard Farnschläder, dem Ironman mit Mukoviszidose. Burkhard erlag wenige Monate später einem zu spät erkannten Darmkrebs. Wir wollen mit dem Lauf an Burkhard erinnern, und gleichzeitig darauf hinweisen, dass regelmäßige Darmkrebsvorsorge gerade bei Mukoviszidose eine notwendige und im Zweifel lebensrettende Maßnahme ist, die man nicht vor sich herschieben sollte.
Und zum Schluss: Was glaubst du, wie viele Kilometer werdet ihr schaffen?
Die Herausforderung ist, zu fünft 240 km zurückzulegen, d.h. im Schnitt muss jeder von uns 48 km laufen. Das bedeutet mehr als einen Marathon, obwohl noch nicht alle von uns einen Marathon gelaufen sind. Trotzdem hoffen wir natürlich, dass unsere Beine über die lange Zeit noch ein paar km mehr schaffen. Da wage ich aber keine Prognose, weil es vom Wetter, von unserer aktuellen Verfassung und letztlich auch davon abhängt, mit wie vielen Spenden wir motiviert werden, das Letzte zu geben.
Vielen Dank für das Interview und wir drücken die Daumen für die Challenge.
Das Interview führte Juliane Tiedt.
Mehr zur Challenge gibt es auf der Website von Ingo Sparenberg.
Wir werden die 24-Stunden-CF-Lauf-Challenge mit unserer Berichterstattung begleiten und in den nächsten Monaten Interviews mit allen Läufern hier veröffentlichen.
Zum Interview mit Ingo Sparenberg
Zum Interview mit Reiner Heske
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