Im Februar hat unsere Gastautorin Alex einen Selbsttest gestartet. Sie wollte wissen, ob eine Mukoviszidose-Betroffene ein hartes Military Athlete-, Functional-, Athletik- und CrossFit-Training schaffen kann. Vier Monate und einige Erfahrungsberichte später hat sie das Strong is sexy-Training abgeschlossen und zieht eine Abschlussbilanz.
Jawohl! Ich habe das Strong is sexy-Training tatsächlich durchgezogen. Dabei schreibe ich bewusst „durchgezogen“ und nicht „geschafft“. Denn so richtig wie geschafft fühlt es sich nicht an. Anstatt der vorgegebenen 60 Tage habe ich für das Strong is sexy-Training ganze 81 gebraucht! Ausgerechnet auf der Zielgeraden ging mir wortwörtlich die Puste aus und ich musste nochmal ganze zehn Tage auf der Strecke lassen. Gut, an drei Tagen bin ich selbst schuld. Wir hatten Besuch und ich ließ das Training ausfallen. Und dann machte sich der Pseudomas in meiner Lunge breit – ein Stockwerk die Treppe hochsteigen und ich war völlig außer Atem und hustete, hustete, hustete. Der komplette Trainingseffekt war binnen einer Woche wie weggeblasen – zumindest was die Fitness anbelangte. Ich konnte nur jeden zweiten Tag trainieren. Zum Glück schloss direkt an den Abschluss des Strong is sexy-Trainings eine geplante IV-Therapie an. Die IV-Therapie neben anderen Zwischenfällen ist auch der Grund, warum ich meinen abschließenden Erfahrungsbericht zum Strong is sexy-Training so verspätet liefere.
Strong is sexy-Training – so war’s
Das Training ist echt hart und generell sehr fordernd – offensichtlich nicht nur für mich. Denn zu einer ähnlichen Einschätzung wie ich kommen auch andere Blogs, in denen gesunde Menschen über das Training berichten. Man folgt unterschiedlichen Trainingstypen und absolviert an fünf Tagen pro Woche vorgeschriebene Kraft-, Ausdauer- und Core-Übungen – das sind zum Beispiel Liegestütze, Kniebeugen ohne und mit Gewicht, Sprünge über eine Bank, Seilspringen, Burpees usw. Eine genaue Beschreibung der Trainingstypen findet Ihr in Teil 2, weitere Beispiele für Übungen im Teil 3 der Strong is sexy-Serie. An einem Tag der Woche führt man leichtes Ausdauertraining durch, an einem Tag darf man pausieren. Das Training steigert sich von Woche zu Woche: anspruchsvollere Übungen, mehr Wiederholungen, kürzere Pausen zwischen den Trainingseinheiten. Ich war immer kurz vor meiner Leistungsgrenze. Es war konditionell richtig anstrengend und teilweise schmerzhaft für die Muskulatur – Schlagwort Muskelbrennen.
Schafft ein Mukoviszidose-Betroffener das Training?
Das Training hat mich zwar nah an meine Grenze gebracht, aber ich konnte die geforderte Leistung meist erfüllen. Also ja, ein CF[1]-ler kann es schaffen. Dazu muss ich sagen, dass ich von Kindesbeinen an Sport mache und mich generell viel bewege. Mein Körper ist also Sport gewohnt und man kann davon ausgehen, dass der ein oder andere Muskel bereits vorhanden war. Ein Training in der Art wie Strong is sexy hatte ich bis dahin allerdings noch nie absolviert. Intervall-Trainingseinheiten und Kraftübungen war ich zwar bereits im Karate begegnet, das ist mittlerweile aber zehn Jahre her. In der Zeit vor Strong is sexy habe ich eher Radfahren (Spinning), Trampolin springen und tanzen betrieben.
Kurz noch ein Wort zu meinen allgemeinen „gesundheitlichen“ Rahmenbedingungen. Mein FeV1[2]-Wert betrug vor dem Training ca. 53%. Ich habe außerdem zahlreiche Allergien, die ab und an für Engegefühl und Kurzatmigkeit sorgen, eine Aspergillose (nicht aktiv) und Diabetes. Trotz dieser Ausgangslage habe ich das Training geschafft, zwar nicht im vorgegebenen Zeitraum, aber dennoch geschafft. Als ich im Jahr 2016 den ersten Versuch startete, das Strong is sexy-Training zu absolvieren, scheiterte ich. Damals hatte ich einen FeV1-Wert um die 45% und hatte das gesundheitlich schlechteste Jahr meines bisherigen Lebens hinter mir (mehr dazu in Teil 1 der Serie).
Was ich damit sagen möchte: Ein bestimmter gesundheitlicher Zustand und eine gewisse Grundfitness sind nötig, um das Training durchführen zu können. Einem CF-ler, der Sport-Einsteiger ist, würde ich das Training nicht empfehlen.
Strong is sexy-Training – das haben die 81 Tage gebracht
Die ernüchternde Botschaft vorneweg: Wunder hat das Training keines bewirkt. Überraschung! 😉 Aber ich bin dennoch einigermaßen zufrieden und das aus folgenden Gründen:
Das konnte ich leider nicht erreichen
Nicht alle meine Ziele konnte ich erreichen. Das ärgert mich natürlich. In so kurzer Zeit seinen Körper „umzuformen“ – sollte das überhaupt gehen – funktioniert mit Strong is sexy nur, wenn man dick ist und generell Fettpolster abschmelzen möchte. So zumindest meine Einschätzung. Folgende Hoffnungen auf Verbesserungen hatte ich, die aber nicht erfüllt wurden:
Checkliste für Nachahmer
Sollte einer von Euch auf die Idee kommen, das Strong is sexy-Training auch durchführen zu wollen, dann lest hier ein paar Tipps und Empfehlungen.
Das braucht Ihr unbedingt
Diese Anschaffungen sind sehr empfehlenswert
Kann man kaufen, muss man aber nicht
Folgende Geräte kann man sich zulegen, es geht aber auch ohne, wie ich finde.
Ernährung: Extrem viel essen, Eiweiß vernachlässigen
Zu Beginn des Trainings versuchte ich, ungefähr ein Drittel meiner Kalorien mit Eiweiß abzudecken. Überall liest und hört man, dass Eiweiß extrem wichtig für den Muskelaufbau sei. Diese Strategie funktionierte für mich überhaupt nicht. Erstens war es enorm schwer, auf die notwendige Kalorienanzahl zu kommen, zweitens nahm ich nicht an Gewicht zu, drittens wurden Essen und dessen Dokumentation, um die richtige Nährwertaufteilung zu kotrollieren, zu einem lästigen Übel. Schließlich erfuhr ich von der Sportberatung des Mukoviszidose e.V., dass ein so hoher Eiweißanteil bei CF-lern nicht zielführend und notwendig ist, auch wenn man „Muskelmasse“ aufbauen möchte (vgl. Interview mit Corinna Moss-Thiele).
Und nun?
Nach circa vier Wochen Pause, starte ich das Training von neuem – gemeinsam mit meinem Mann. 🙂 Ich hoffe, dass ich es diesmal in den vorgesehenen 60 Tagen durchziehen werde.
Alex
Hinweis: Der Mukoviszidose e.V. empfiehlt, das Sportprogramm mit dem behandelnden Arzt abzusprechen.
Teil 4: Strong is sexy-Erfagrungsbericht: Woche 5 und 6 – Ausgebremst!
Teil 5: Zielgerade in Sicht! Strong is sexy: Woche 7 und 8
[1] CF = Cystische Fibrose, Mukoviszidose
[2] Als FEV1 (engl. Forced Expiratory Pressure in 1 Second) wird die Einsekundenkapazität bezeichnet, also die größtmögliche Menge an Luft, die innerhalb von 1 Sekunde forciert ausgeatmet werden kann.
[3] LuFU = Lungenfunktion
"Ich hatte immer die Angst im Hinterkopf, wann die Krankheit wieder zuschlagen würde"
Am Ende kam die Liebe, um zu bleiben
#mukomama: Meine Herausforderungen und Erkenntnisse als Mama mit Mukoviszidose