Blog

„Gönnen Sie sich und Ihrer Familie Zuversicht.“

Dass ihr neugeborenes Baby gesund ist, wünschen sich alle Eltern. Umso größer ist der Schreck, wenn das Neugeborenen-Screening auffällig ist. Dass sich nicht jeder Screening-Befund, der auf eine mögliche Mukoviszidose hindeutet, tatsächlich bestätigt und welche weiteren Untersuchungen erforderlich sind, erläutert PD Dr. med. habil. Freerk Prenzel, Leiter der Mukoviszidose-Ambulanz am Universitätsklinikum Leipzig, im Interview. Und vermittelt neben viel Fachwissen die ermutigende Botschaft: Mukoviszidose lässt sich in den meisten Fällen gut behandeln. Und auch ein Baby mit CF ist ein großartiges Kind. Der Blogartikel ist Teil unserer Info-Serie rund um das Leben mit Mukoviszidose im Rahmen des Mukoviszidose Monats Mai.

Warum ist eine frühe Diagnose so wichtig?

PD Dr. med. habil. Freerk Prenzel leitet die Mukoviszidose-Ambulanz am Universitätsklinikum Leipzig.
PD Dr. med. habil. Freerk Prenzel leitet die Mukoviszidose-Ambulanz am Universitätsklinikum Leipzig. Foto: Stefan Straube.

Mukoviszidose schreitet bereits im Säuglingsalter voran, auch wenn noch keine Symptome zu beobachten sind. Studien konnten zeigen, dass es bereits im Säuglingsalter zu Schleimverlegungen und ersten Strukturschäden an den Atemwegen kommen kann. Eine frühzeitige Inhalation von hochprozentigem Kochsalz wirkt dem entgegen. Die Verdauungsfunktion der Bauchspeicheldrüse ist im frühen Säuglingsalter oft bereits stark reduziert. Durch eine frühzeitige Verabreichung von Verdauungsenzymen und Vitaminen können Untergewicht und ein Vitaminmangel verhindert werden. Für einige Genveränderungen steht ein Modulator, eine Behandlung am Chloridkanal-Basisdefekt, bereits ab dem 4. Lebensmonat zur Verfügung. Der sehr effektive Dreifach-Modulator ist ab 6 Jahren zugelassen und wird voraussichtlich bald im Vorschulalter verordnungsfähig sein.

Frühe Diagnose heißt also frühe Therapie, heißt besserer Verlauf.

Wenn das Neugeborenen-Screening positiv ist, was heißt das für mein Kind?

Ein Neugeborenen-Screening ist immer ein Kompromiss aus Erkennung von Menschen mit tatsächlicher Erkrankung und der fälschlichen Erkennung von Gesunden. Nur bei etwa einem von fünf auffälligen Screening-Befunden bestätigt sich tatsächlich die Diagnose Mukoviszidose. Wenn Sie darüber informiert wurden, dass das Neugeborenen-Screening für CF positiv ist, sollten Sie Ihr Kind in den nächsten Tagen in einem zertifizierten Mukoviszidose-Zentrum vorstellen, damit ein Schweißtest durchgeführt werden kann. Durch diesen Test lässt sich im Regelfall erkennen, ob eine Mukoviszidose vorliegt oder nicht.

Wie läuft der Schweißtest ab und ist er für mein Baby schädlich?

Auf dem Unterarm oder Oberschenkel werden Gelscheiben mit dem Wirkstoff Pilocarpin angebracht und ein leichter Strom angelegt. Hierdurch wird der Schweißfluss angeregt und dieser anschließend für 30 Minuten über ein Sammelgefäß von der Haut aufgefangen. Anschließend kann der Salzgehalt (Chloridkonzentration) im Schweiß gemessen werden. Dieses Verfahren ist auch für Säuglinge völlig ungefährlich und schmerzfrei und kann bereits ab dem 3. Lebenstag durchgeführt werden. Es ist vorteilhaft, wenn das Baby vor dem Schweißtest gut getrunken hat.

Was ist das Wichtigste für mein Kind, wenn es die Diagnose Mukoviszidose bekommt?

Das Wichtigste ist die Gewissheit, dass Sie ein großartiges Kind haben und sich Mukoviszidose gut behandeln lässt. Gemeinsam mit dem Team aus dem Mukoviszidose-Zentrum wird ein Behandlungsplan aufgestellt, in dem Inhalation, Bauchspeicheldrüsen-Enzyme und eine spezialisierte Physiotherapie meist eine zentrale Rolle spielen. Sie können für Ihr Kind ganz viel erreichen und haben das Mukoviszidose-Team und eine starke Selbsthilfe-Organisation an Ihrer Seite. Gönnen Sie sich und Ihrer Familie Zuversicht.

Wo kann ich mich über Mukoviszidose informieren?

Meist ist ein persönliches Erstgespräch im Mukoviszidose-Zentrum die erste Informationsquelle. Die Teams in den Zentren nehmen sich im Regelfall Zeit dafür und stellen Informationsmaterial, z.B. als Broschüren, passend zum Alter Ihres Kindes zur Verfügung. Fragen Sie gerne nach, wenn Sie etwas genau wissen möchten oder nicht verstanden haben. Schreiben Sie sich gerne auch vorher Fragen auf. Lassen Sie sich Zeit, wichtige Themen besprechen wir immer wieder.

Im Internet finden Sie an verschiedenen Stellen irreführende Informationen, daher folgende Empfehlung: Der Mukoviszidose e.V. hat eine exzellente Website, auf der Sie alle Aspekte der Erkrankung gut und verständlich aufbereitet finden. Hier finden Sie auch Broschüren in elektronischer Version und können gedrucktes Informationsmaterial bestellen. Auf dem youtube-Kanal des Vereins finden Sie Clips (z.B. Was ist Mukoviszidose) und Vorträge. Als Mitglied erhalten Sie das vierteljährliche Magazin, mit dem Sie auf dem Laufenden bleiben.

Vielen Dank für das Interview!

Über unsere Internetseite können Sie eine Mukoviszidose-Ambulanz in der Nähe Ihres Wohnortes suchen.

Unterstützen Sie unsere Arbeit für Eltern neudiagnostizierter Kinder mit einer Spende. Jetzt spenden

Mehr zum Mukoviszidose Monat Mai

Beitrag teilen:

Schreibe einen Kommentar

Zuletzt aktualisiert: 02.01.2024
Bitte unterstützen
Sie uns
35€ 70€ 100€
Jetzt spenden