Wie war die Situation für Menschen mit Mukoviszidose damals, als Sie angefangen haben?
Zu Beginn meiner Tätigkeit wurden die wenigsten Betroffenen erwachsen. Das war für viele Familien ein großes Thema – wie lange kann mein Kind zur Schule gehen, kann es studieren, eine Ausbildung machen? Die Sorgen um die Zukunft waren sehr groß.
Über die gesundheitliche Situation der meisten Betroffenen müssen wir nicht reden, das war natürlich schwierig. Die Versorgung fand überwiegend in Kinderambulanzen statt. Erwachsenenambulanzen gab es zwar schon, aber bei Weitem nicht so viele und nicht so gut ausgestattet wie heute. Die Versorgung war nicht schlecht – aber die Not war deutlich größer.
Und wie sieht es heute aus?
Die neuen Medikamente sind für die große Mehrheit der Betroffenen und Angehörigen ein wirklicher Segen. Wir wissen aber noch nicht, welche langfristigen Begleiterscheinungen es gibt. Aber grundsätzlich kann ich sagen, dass es den meisten Menschen mit Mukoviszidose wesentlich besser geht.
Leider ist es aber auch so, dass immer noch zu viele Patienten nicht profitieren. Das ist für uns ein großes Thema – und die Wissenschaft arbeitet intensiv daran. Für diese Gruppe brauchen wir weiterhin passende Angebote.
Gleichzeitig wird die Spannbreite größer: Wir haben Betroffene, denen es durch die Modulatoren ziemlich gut geht, und andere, die weiterhin schwer krank sind. Das macht unsere Arbeit komplexer. Dieser schwierigen Aufgabe stellen wir uns aber gerne.
Was sind die größten Veränderungen in der Mukoviszidose-Welt Ihrer Ansicht nach?
Wir haben uns immer Gedanken gemacht, wie wir Versorgung sichern. Das bleibt ein Riesenthema. Die große Frage wird sein: Wie erhalten wir diese gute Versorgung auch in Zukunft? Wie gewinnen wir Nachwuchs im Behandlerbereich?
Viele junge Ärztinnen und Ärzte sehen heute gar nicht mehr so viele schwerkranke CF-Betroffene. Die Erfahrungen der älteren Kolleginnen und Kollegen gehen ein Stück weit verloren. Aber wir werden auch in Zukunft eine gute Versorgung brauchen.
Auch Therapien verändern sich: Brauche ich Physiotherapie wie früher? Muss ich noch inhalieren? Da wird man einen guten Ausgleich finden müssen zwischen medizinischer Notwendigkeit und Lebensqualität. Und es gibt unterschiedliche Gesundheitszustände – das macht es komplex.
Gibt es Begegnungen oder Schicksale, die Sie besonders geprägt haben?
Da gibt es eine ganze Menge. Ich erinnere mich an meine ersten Jahrestagungen: einige Betroffene haben mich da sehr herzlich aufgenommen. Mit vielen war ich über die Vereinsgremien lange im Kontakt.
Ich habe miterlebt, wie einige dieser Patientinnen und Patienten gestorben sind und wie sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert hat. Das trifft einen – auch heute noch.
Gleichzeitig war ich beeindruckt von der Offenheit, der Kraft und der Power dieser Menschen. Das hat mich von Anfang an fasziniert und zieht sich durch meine ganze Zeit beim Mukoviszidose e.V.
Wenn man bei einem Verein wie dem Mukoviszidose e.V. arbeitet, ist man oft sehr nah dran an den Patienten und ihren Angehörigen. Die Grenze zwischen Profession und emotionaler Verbindung verschwimmt da oft. Wir verlieren bis heute Menschen an die Mukoviszidose, man bekommt mit, wie es ihnen schlecht geht. Da merke ich aber auch, dass ich hier mit meiner Arbeit richtig bin, aber diese Schicksale steckt man auch nicht so einfach weg.
Gleichzeitig beeindruckt es mich immer wieder, welche Kraft Menschen mit Mukoviszidose und ihre Angehörigen haben, wie viel sie in unserem Verein bewegt und über den Verein hinaus angestoßen haben. Die Mukoviszidose-Selbsthilfe hat eine ungeheure Energie – das begeistert mich.
Auf was sind Sie in 60 Jahren Mukoviszidose e.V. besonders stolz?
Ganz so lange bin ich ja nun noch nicht dabei… Der Verein war ja ursprünglich mal eine reine Ärzteorganisation. Dass heute alle – Betroffene, Angehörige und Behandler – gemeinsam an einem Strang ziehen, ist etwas Besonderes. Diese enge Verbindung ist unglaublich wertvoll und auch relativ einzigartig. Das gemeinsame Ziel aller ist es, dass Mukoviszidose irgendwann heilbar wird.
Ich bin auch beeindruckt davon, wie viel Öffentlichkeitsarbeit Betroffene leisten, welch ungeheurer Einsatz da ist, Dinge zu bewegen und nicht aufzugeben. Viele Menschen vertreten die eigene Erkrankung in der Öffentlichkeit, was auch nicht einfach ist. Ich weiß gar nicht, wo ich hier anfangen und aufhören soll.
Was motiviert Sie persönlich, schon so lange dabei zu sein?
Ich schätze den Umgang mit den Betroffenen sehr. Das berührt mich, beeindruckt mich, macht mir Freude. Ich habe das Gefühl, dass ich in meinem Rahmen wirklich etwas bewirken kann.
Ich spüre dieses Engagement auch bei den Behandlerinnen und Behandlern. Da ist so viel Energie – das steckt an. Natürlich gibt es Herausforderungen, Stress, Situationen, in denen man sich ärgert. Aber ich hatte noch nie den Impuls zu sagen: „Jetzt reicht’s.“
Dafür ist das, was wir hier tun, einfach zu wichtig. Das erfüllt mich auch mit einer großen Zufriedenheit.
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