Wann und wie wurde bei Eurem Kind Mukoviszidose diagnostiziert?
Wir bekamen die Diagnose ca. drei Wochen nach Emils Geburt. Nach auffälligem Neugeborenen-Screening hat man ihm abermals Blut abgenommen,
dieses wurde jedoch versehentlich ins falsche Labor geschickt. So haben wir ein paar Tage länger auf das Ergebnis gewartet. Da der erneute Test ebenfalls auffällig war, haben wir einen Termin in der Ambulanz vereinbart und haben noch am selben Tag den Schweißtest durchführen lassen und schließlich Gewissheit bekommen.
Wie ging es Euch nach der Diagnose?
Es war ein Schock und ein Gefühl des Nicht-wahrhaben-wollens. Für uns war Emil gesund auf die Welt gekommen! Es war sehr schwer begreifbar, was diese Krankheit für Emil und uns als Familie bedeutet. Das Wochenbett war eine Mischung aus Zukunftsängsten, Traurigkeit und Funktionieren. Ich (Mama) habe mich anfangs noch nicht viel belesen, da es mich immer wieder belastet hat. Mein Mann dagegen konnte bereits in der Anfangszeit viel Zuversicht aus Forschung und positiven Erfahrungsberichten schöpfen und besser akzeptieren. Das war eine gute Mischung.

Wo habt Ihr in der ersten Zeit nach der Diagnose Hilfe bekommen?
Wir haben, was die Unterstützung anging, sehr gute Erfahrungen machen dürfen. So konnten wir uns sehr gut an die Sozialberatung unserer Ambulanz wenden. Auch unsere Physiotherapeutin konnte uns die ersten Unsicherheiten nehmen. Wir haben uns Stück für Stück ein Netzwerk aus Hilfestellungen aufgebaut. Den emotionalen Ballast konnten Familienmitglieder und Freunde auffangen. Wir haben von Anfang an offen mit ihnen über unsere Situation und unsere Ängste geredet und wurden von ihnen gestützt. Dafür sind wir dankbar.
Wie ist der Verlauf der Krankheit bis jetzt?
Äußerlich und mit der eingespielten Therapie ist der Verlauf bisher sehr gut. Emil hat bisher ein paar leichte Infekte hinter sich, die noch keine Gabe von Antibiotika erforderlich gemacht haben. Wenn es das Neugeborenen-Screening nicht gegeben hätte, wüssten wir vielleicht noch nichts von CF. Anfangs waren jedoch die häufigen Schnupfnasen auffällig, außerdem hatte Emil mit vier Monaten eine Hörminderung durch Flüssigkeitsansammlungen im Ohr – nicht unbedingt typisch, aber vermutlich dennoch CF-bedingt. Wir sind froh, dass sich das gebessert hat, und sind dankbar, dass er sich soweit gut entwickelt.
Ich bin sehr streng zu mir, wenn es mal phasenweise nicht so gut klappt. Ich arbeite an mir, da lockerer zu werden.
Emils Mutter Tanja
Was sind Eure größten Probleme in Bezug auf die Mukoviszidose?
Ich (Mama) bin sehr streng mit mir, wenn es um das Inhalieren geht – also wenn es mal phasenweise nicht gut klappt. Die Sorgen und der Stress wirken sich oft auf meinen älteren Sohn aus. Ich arbeite an mir, da lockerer zu werden. Auch was den Kontakt zu anderen Kindern angeht: Emil sollte da nicht so stark eingeschränkt sein. Das Gleichgewicht zu finden zwischen „Aufpassen“ und „Entspannt bleiben“ finde ich in vielerlei Hinsicht sehr schwer.

Wie sieht aktuell ein typischer Tag mit Mukoviszidose bei Euch aus?
Wir inhalieren morgens nach dem Frühstück und abends nach dem Abendessen, jeweils für zehn Minuten mithilfe von Tanzvideos. Die Action und Bewegung beobachtet Emil gern und hält dabei meist lange genug still. In den Pausen klopfen und dehnen wir ihn, wenn er geduldig ist. Zu den drei Mahlzeiten, die Emil am Tag verteilt bekommt, lassen sich seine Vitamine und das Salz gut beimischen. Wir haben die Enzyme überall in Döschen parat, sodass er, auch wenn er gestillt wird, die Pellets einfach in den Mund bekommt. Das klappt ziemlich gut und ist mittlerweile Routine geworden.
Wie geht Euer Kind selbst mit der Erkrankung um?
Emil ist nun zehn Monate alt und entwickelt sich ganz toll. Natürlich ist er noch zu jung, um die Krankheit bewusst wahrzunehmen, aber er zeigt uns, wie ausdauernd und lebensfroh er ist. Die Therapie macht er meist gut gelaunt mit, hat aber manchmal auch gar keine Lust dazu. Wir versuchen, die Krankheit nicht unseren Alltag bestimmen zu lassen und so viel Normalität wie möglich zu bewahren.

Wie wirkt sich die Erkrankung auf Geschwisterkinder und das Familienleben aus?
Für unseren älteren Sohn Anton (3) ist nicht nur ein Geschwisterchen dazugekommen, sondern auch die intensiven Gefühle, die seine Eltern durch die Krankheit begleiten. Außerdem ist da der spürbare Mehraufwand, den sein Bruder durch Therapie und Arztbesuche braucht. Das geht nicht spurlos an ihm vorbei. Mittlerweile verbindet er immerhin das Inhalieren mit etwas Positivem, da er dabei auch involviert ist. Ich glaube die Geschwisterrivalität, die ja auch normal ist, zeigt sich bei ihm anders. Aber man merkt auch oft, dass er seinen Bruder sehr liebhat und beschützen will und die beiden eine schöne Verbindung haben.
Welche Dienstleistungen des Mukoviszidose e.V. habt Ihr schon genutzt und wie hat Euch das ggf. geholfen?
Wir haben am Seminar für Eltern von neudiagnostizierten Kindern teilgenommen und sind auch in Selbsthilfegruppen-Chats. Der Austausch mit anderen Eltern gibt uns Sicherheit, und wir spüren, dass wir nicht alleine sind.
Was lässt Euch Hoffnung schöpfen?
Tatsächlich viel. Allem voran die Forschung, die so große Fortschritte macht. Aber auch Emils tolle Entwicklung im ersten Lebensjahr mit bisher glimpflichen Infekten. Das Medikament Kaftrio ist auch sehr vielversprechend, und Emil wird es mit zwei Jahren bekommen können. Wir hoffen, dass er es gut vertragen wird und es ihm helfen wird, gesundheitlich stabil zu bleiben.
Was wünscht Ihr Euch für Emils Zukunft?
Dass die Krankheit ihn nicht bestimmen wird, sondern er ganz normal aufwächst, Kind sein darf und alles erreichen wird, was er sich wünscht. Dass er sich seine Lebensfreude und Aktivitätendrang bewahrt und dass es vielleicht wirklich irgendwann Heilung geben wird.
Gibt es noch etwas, das Ihr gerne loswerden würdet?
Am Anfang fällt es einem schwer zu glauben, was einem jeder sagt: Es wird leichter. Wir können es mittlerweile bestätigen. Die überwältigenden Emotionen und Ängste werden weniger und man lernt Stück für Stück, mit der Krankheit umzugehen. Wir hoffen, dass es anderen Familien auch so ergeht und sie Unterstützung und Verständnis erfahren dürfen.
Austausch der Generationen – Selbsthilfeaktive unterhalten sich
Durch den Verein habe ich immer Ansprechpartner gefunden, wenn es akute Sorgen und Probleme gab
Wenn es das Neugeborenen-Screening nicht gegeben hätte, wüssten wir vielleicht noch nichts von CF
Heute kann mein Sohn selbst Tipps geben und durch seine positive Ausstrahlung ein Vorbild sein