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Meine Schulzeit mit Mukoviszidose

Mukoviszidose ist eine Krankheit, die sich bei Betroffenen häufig in sämtlichen Bereichen des eigenen Lebens bemerkbar macht. Auch in der Schulzeit können Menschen mit CF deshalb mit ganz eigenen Erfahrungen und Herausforderungen konfrontiert werden. Wie sich die Krankheit dabei auswirkt, ist individuell sehr unterschiedlich. In diesem Blogbeitrag gewährt Jakob einen kleinen Einblick in seine eigene Schulzeit, um seine persönlichen Erfahrungen aus dieser Zeit zu beleuchten.

Der Beginn meiner Schulzeit kam schon relativ früh, denn ich wurde noch vor meinem sechsten Geburtstag eingeschult. Meine Eltern meinten zwar, noch ein Jahr Kindergarten wäre gut, aber ich hatte wohl so viel Lust darauf, zur Schule zu gehen, dass ich das dann auch durfte. Damit war ich von Anfang an immer einer der Jüngsten in meiner Klasse und habe letztendlich auch mit 17 Jahren Abitur gemacht. Rückblickend sehe ich das etwas ambivalent, weil ich das selten als wirkliches Problem wahrgenommen habe. Gleichzeitig habe ich mein junges Alter, in Verbindung mit einer durch meine Krankheit etwas verzögerten und gehemmten körperlichen Entwicklung, gerade in der Pubertät, manchmal schon als Herausforderung empfunden. Denn ich war nicht nur einer der Jüngsten, sondern wurde von anderen oft sogar noch jünger eingeschätzt. Und in einer Phase, in der alle es kaum erwarten konnte, erwachsen zu werden und älter zu sein ein Statussymbol war, fühlte ich mich auch deshalb etwas kleiner, als ich es ohnehin schon war.  

Noten zum Glück kein Stressfaktor

Trotzdem bin ich aber größtenteils gerne zur Schule gegangen. Das heißt nicht, dass ich mich jeden Morgen total gefreut habe, geweckt zu werden und im Unterricht stets gut gelaunt war, aber als Mensch, der grundsätzlich schon immer gern neue Dinge lernt, war die Schule meistens in Ordnung für mich. Sicherlich lag das auch daran, dass ich zwar aufgrund der Mukoviszidose körperlich noch nie besonders fit war, dafür aber kognitiv schon immer einiges auf dem Kasten hatte. So konnte ich quasi über meine gesamte Schulzeit hinweg gute bis sehr gute Noten schreiben, ohne dafür einen allzu großen Aufwand betreiben zu müssen. Dadurch war es mir natürlich leichter, die zusätzliche Belastung meiner chronischen Krankheit zu managen, da ich nicht auch noch parallel ständigen Stress wegen schlechter Noten hatte und dafür bin ich bis heute wirklich sehr dankbar.

Zudem wurden mir im Schulalltag auch immer wieder gewisse Erleichterungen zugesprochen, die mir darüber hinaus geholfen haben. Allen voran im Sportunterricht. Meine Lehrkräfte wussten immer über meine Krankheit Bescheid und ich hatte gewisse Freiheiten, meine Belastbarkeit selbst einzuschätzen, ohne dass sich das auf meine Benotung auswirkte. Auch in anderen Unterrichtsfächern war es kein großes Thema, wenn ich mal gesundheitlich nicht ganz fit war oder in Zeiten, in denen mein Zustand schlechter war, auch öfter mal den Unterricht verpasst habe. Das kam jedoch tatsächlich sehr selten vor; selbst wenn es mir schlechter ging, habe ich häufig einen inneren Druck verspürt, mich trotzdem nicht krankzumelden. Es war aber ebenso eine sehr große Erleichterung für mich, dass ich ein gutes Verhältnis zu meiner damaligen Ärztin in der Mukoviszidose-Ambulanz hatte. So hatten wir eine gegenseitige Vereinbarung, dass sie mir jederzeit eine Krankschreibung oder sonstige Bestätigung für meine gesundheitliche Lage ausstellt, wenn ich das Gefühl hatte, dies zu brauchen. Und auch wenn ich dieses Angebot letztendlich selten wahrgenommen habe, bin ich meiner Ärztin sehr dankbar dafür, mir diese Sicherheit gegeben zu haben.

Stets mit Unterstützung durch den Alltag

Unter diesen Umständen waren für mich die Schule und die damit verbundenen Aufgaben nur selten ein großer Stressfaktor und mit meinen guten Noten sowie einer meist ruhigen und umgänglichen Art konnte ich Problemen und Schwierigkeiten ganz gut aus dem Weg gehen. Auch das war eine Entlastung für mich, denn die erwähnten Erleichterungen, die ich in meinem Schulalltag bekommen habe, waren zwar eine Hilfe, haben mir aber gleichzeitig auch das Gefühl gegeben, dass häufig ein wenig mehr Aufmerksamkeit auf mir lag. Inwiefern das tatsächlich stimmt, ist schwer zu beurteilen, eine gewisse Sonderbehandlung gab es aber durch die angesprochenen Erleichterungen durchaus. Und auch wenn mir das sehr geholfen hat, war und ist auch heute noch genau diese Form von gesonderter Aufmerksamkeit, auch wenn sie nur sehr niedrigschwellig ist, eine subtile Erinnerung an das eigene Anderssein. Da ich diese Beziehung zu meiner eigenen Krankheit unter anderem in meiner Psychotherapie aufgearbeitet habe, machen mir diese Momente spezieller Aufmerksamkeit auch im Alltag heute nichts mehr aus. In meiner Kindheit und Jugend sah das aber sehr anders aus und während sich die Menschen um mich herum, ganz im Sinne des Individualismus, bemüht haben, möglichst einzigartig zu sein, wollte ich das Gegenteil. Ich wollte normal sein.

Klassenfahrten als Herausforderung

Aber mit Mukoviszidose zu leben, heißt eine andere Normalität zu haben, als die meisten Menschen um mich herum. Und in meiner Schulzeit habe ich das nirgendwo sonst so deutlich erlebt wie auf Klassenfahrten. Egal ob mehrtägige Reise oder Tagesausflüge, Klassenfahrten gab es in meiner Zeit am Gymnasium einige und ich hatte dabei meistens sehr viel Spaß. Das soziale Miteinander und die Abwechslung vom Schulalltag waren immer etwas Besonderes. Gleichzeitig waren vor allem längere Klassenfahrten für mich auch wirklich eine besondere Herausforderung. Ein höherer Planungsaufwand in der Vorbereitung, das Abklären der medizinischen Versorgungssituation und auch stets ein extra Gepäckstück mit all meinen Medikamenten und Hilfsmitteln haben für mich immer zu derartigen Ausflügen dazugehört. Zudem sind hier auch immer die besonderen Bedürfnisse durch mein Leben mit CF etwas mehr in den Fokus gerückt als im Schulalltag. Die Menschen, mit denen man sich ein Zimmer teilt zu bitten auf Hygiene zu achten, vor anderen Menschen zu inhalieren, immer als erster aufzustehen, um genug Zeit zum Vorbereiten zu haben, all diese Dinge waren oft sehr schwierig. Vor allem, da ich, was meine Krankheit angeht, auch kein großes Selbstvertrauen hatte. Sich Raum zu nehmen, kann da schwierig sein. In solchen Situationen haben mir sicherlich wieder gewisse Erleichterungen geholfen, wie z.B., dass ich an bestimmten Programmpunkten bei Ausflügen nicht teilnehmen musste, oder auch, dass ich auf einer Fahrt nach Berlin in der 11. Klasse ein Einzelzimmer bekommen habe, um möglichst viel Ruhe zu haben. Letzteres hatte dann definitiv seine Vorteile, gleichzeitig bedeutete dies aber auch eine Form der sozialen Isolation, was wiederum nicht schön war. Da ist dann wieder dieses Gefühl, anders zu sein und irgendwie abgegrenzt zu sein. Noch schlimmer war es, als ich in der achten Klasse aufgrund einer damaligen Infektion mit atypischen Mykobakterien und dazugehöriger IV-Therapie auf eine mehrtägige Klassenfahrt nicht mitkommen konnte.

Auf solche Erfahrungen hätte ich auch verzichten können

Aber die Krone meiner unangenehmen CF-Erfahrungen auf Klassenfahrten geht immer noch an die bereits erwähnte Fahrt nach Berlin. Ich weiß nicht genau, warum es ausgerechnet da passiert ist, aber so ungefähr ab dem zweiten Tag in Berlin hatte ich, zum ersten und bisher auch wirklich einzigen Mal in meinem ganzen Leben, richtigen Bluthusten. Das ist nicht nur ziemlich beängstigend, vor allem wenn man nicht darauf vorbereitet ist, sondern hat dann natürlich auch einige Pläne durchkreuzt. Ich bin zunächst einen Tag im Hotel geblieben und habe über meine Ambulanz ein Antibiotikum verschrieben bekommen, das ich direkt angefangen habe zu nehmen. Leider hat mein Magen das nicht so gut vertragen und am Tag unserer Abreise war die Mischung aus Stress, Müdigkeit und dieser Tablette zu viel für meinen Magen, sodass ich auf dem Weg zur Toilette im Foyer vor den Augen der halben Jahrgangsstufe eine ordentliche Portion Bluthustenkotze erbrochen habe. Und das war wirklich genau so unangenehm wie es klingt. Was man nicht alles erlebt.

Doch all der Überforderung, dem Gefühl des Anderssein und auch dem Bluthusten zum Trotz waren nicht nur meine Klassenfahrten, sondern auch meine ganze Schulzeit größtenteils von eher positiven Erfahrungen geprägt. Das ist zwischen uns allen sicher individuell sehr unterschiedlich und andere Betroffene haben sicher auch spannende Geschichten aus ihrer eigenen Schulzeit zu erzählen. Ich bin aber im Ganzen doch dankbar dafür, zur Schule und später auch an die Uni gegangen zu sein. Von meiner Zeit dort erzähle ich Euch aber ein anderes Mal.

Jakob 

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Zuletzt aktualisiert: 04.03.2025