An wen richtet sich das Angebot der psychosozialen und sozialrechtlichen Beratung?
Annabell Karatzas: Das Angebot richtet sich an alle, die mit der Erkrankung Mukoviszidose zu tun haben. Hauptsächlich an Menschen mit Mukoviszidose und ihre Angehörigen, aber auch andere Beratungsstellen, Kita-Mitarbeiter, Anwälte und auch Mitarbeiter in Sozialämtern oder der IHK habe ich schon beraten.
Könnt Ihr das Angebot des Vereins kurz beschreiben?
Nathalie Brendler: Ziel ist es, Betroffene und ihre Familien bei der Bewältigung der vielfältigen Herausforderungen, die mit der Krankheit einhergehen, zu unterstützen. Dazu gehört die Bereitstellung von Informationen, emotionaler Unterstützung und rechtlicher Beratung in sozialen Angelegenheiten. Wir begleiten die Ratsuchenden gerne bei diesem Weg und stehen als Ansprechpartnerinnen mit fast 20 Jahren Erfahrung im Bereich der Mukoviszidose zur Verfügung.
Was sind typische Anliegen, mit denen sich Ratsuchende an Euch wenden?
Nathalie Brendler: Nach der Diagnose sind Anfragen betroffener Eltern zu sozialrechtlichen Ansprüchen typische Anliegen, wie z. B.:
Pflegeleistungen, Grad der Behinderung und damit verbundene Nachteilsausgleiche, Fragen rund um Rehabilitationsmaßnahmen und vieles mehr.
Im Gespräch mit den Betroffenen offenbart sich oftmals die erhebliche psychosoziale Belastung, welche die Krankheit mit sich bringt. Ängste bezüglich einer Verschlechterung der Erkrankung, Sorgen wegen Nebenwirkungen durch dauerhafte Medikamenteneinnahme, Einschränkungen im Alltag, Auswirkungen auf das Familien- und Berufsleben etc. können die Lebensqualität beeinträchtigen. Unser Beratungsangebot, der Kontakt zu Selbsthilfegruppen und die Möglichkeit, über den Verein für eine begrenzte Zeit Kontakt zu Psychologinnen aufnehmen zu können, helfen, um mit diesen Belastungen besser umzugehen.
Wie erlebt Ihr die Situation der Familien oder Betroffenen, wenn sie sich das erste Mal bei Euch melden?
Annabell Karatzas: Viele Eltern haben vor der Diagnose noch nie von Mukoviszidose gehört. Sie sind oft von den auf sie einprasselnden Informationen überfordert – vor allem aus dem Internet. Sie sind erleichtert, wenn es neben der CF-Ambulanz eine Stelle gibt, die ihre Sorgen versteht und sie bei nächsten Schritten unterstützt. Die Eltern brauchen eine gewisse Zeit, bis sie die vielen Informationen verarbeitet haben, und bei Fragen können sie sich jederzeit an uns wenden.
Gibt es ein Beispiel, das Euch besonders berührt hat?
Annabell Karatzas: Mich berührt es immer wieder, wenn am Anfang überforderte Familien lernen, mit der Erkrankung umzugehen – und sich sogar für weitere Kinder entscheiden, weil sie sehen, dass ein Leben mit Mukoviszidose trotz aller Herausforderungen lebenswert ist. Aber auch ein Fall, in dem eine Mutter sich für ihren 13-jährigen Sohn aufgerieben hat, um ihn bestmöglich zu betreuen. Die Frau war alleinerziehend, lebte von Arbeitslosengeld II, und die Pflegekasse weigerte sich, den angemessenen Pflegegrad anzuerkennen, durch den die Mutter finanzielle Entlastung gehabt hätte. Als sie sich von ihrem Anwalt nicht gut vertreten fühlte, entschied sie sich mit unserer Hilfe erst zu einem Widerspruchsverfahren und dann zu Klagen. Und sie hat gewonnen. Das war ein toller Erfolg!
Welche Rückmeldungen bekommt Ihr von den Ratsuchenden?
Annabell Karatzas: Oft bedanken sich Ratsuchende bei uns, weil wir an ihrer Seite gestanden und sie bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstützt haben. Manche wären den Weg alleine vielleicht nicht gegangen, und es stärkt sie, wenn sie sich erfolgreich gegenüber Kostenträgern durchgesetzt haben.
Warum, würdet Ihr sagen, ist diese Beratung so wichtig für Menschen mit Mukoviszidose und ihre Familien?
Annabell Karatzas: Ich denke, dass es einfach gut tut, eine Stelle zu haben, die die Sorgen und Nöte, besonders im Zusammenhang mit einer seltenen Erkrankung wie Mukoviszidose, nachvollziehen kann und bei der man nicht erst die Erkrankung erklären muss.
Was wäre, wenn es das Angebot des Vereins nicht mehr gäbe?
Nathalie Brendler: Für viele Ratsuchende würde ein wichtiger Ansprechpartner für ihre Fragen entfallen. Diese hätten dann Probleme, sich im komplexen System der sozialrechtlichen Ansprüche zurechtzufinden. Ohne unsere professionelle Beratung mit dem speziellen Blick auf die Besonderheiten von Mukoviszidose hätten viele Betroffenen keinen Zugang zu Unterstützungsleistungen. Außerdem würden ohne uns und gerade in schwierigen Situationen, die Lebensqualität und das Wohlbefinden vieler Betroffener und Familien leiden.
Das Interview führte Frank Gundel.
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