Zahnschmelzdefekte äußern sich z.B. durch Rillen oder Grübchen an der Zahnoberfläche oder durch durchscheinende Areale (Zähne wirken weniger weiß). Menschen mit CF haben häufig Defekte im Zahnschmelz. Diese entstehen einerseits in der Reifungsphase (beginnend vor der Geburt bis etwa zum Kindergartenalter), wenn Kalzium und Phosphat in den Schmelz transportiert werden und Enzyme helfen, die Mineraldichte herzustellen. Andererseits kann auch die Situation in der Mundhöhle den Zahnschmelz schädigen, wenn er bereits ausgereift ist. Zahnschmelz wächst nicht nach und kann nicht mit natürlichen Substanzen repariert werden.
Der Grund für die Defekte in der Reifungsphase des Zahnschmelzes bei CF könnte darin liegen, dass das CFTR-Gen einen direkten Einfluss auf die Zellen hat, die den Zahnschmelz bilden (Ameloblasten), aber die Mechanismen dahinter sind noch nicht geklärt. Auch die Auswirkungen des defekten CFTR-Kanals bei CF könnten einen Einfluss auf die Zahnschmelzentstehung haben, beispielsweise durch eine veränderte Zusammensetzung oder den Säuregehalt des Speichels. Ob der CFTR-Defekt den Speichel weniger sauer oder saurer macht, ist bisher unklar, es gibt sowohl die einen wie die anderen Messergebnisse. Säure spielt allerdings eine wesentliche Rolle bei der Zerstörung von Zahnschmelz. Dabei ist auch die Ernährung wichtig, denn Säure entsteht z.B., wenn Bakterien Zucker verstoffwechseln. Säure kann aber z.B. auch durch eine Refluxkrankheit in den Mundraum gelangen. Die Keime in der Mundhöhle sind ein Reservoir für die Besiedlung der Atemwege, z.B. für Pseudomonaden und Staphylokokken.
Möglicherweise kann die antibiotische Therapie der CF-typischen Keime die Kariesbakterien reduzieren, aber Zahnschmelzdefekte können wiederum die Kariesbildung fördern. Hinsichtlich der Häufigkeit von Karies bei Menschen mit CF gibt es in Studien demzufolge widersprüchliche Beobachtungen. So zeigen sich in Studien bei CF-Betroffenen teilweise höhere, aber teilweise auch niedrigere Kariesraten als bei Gesunden. Ähnliches gilt für Parodontitis und Zahnfleischbluten. In einzelnen Studien wurde auch beobachtet, dass der Mundraum bei CF weniger sauer war als bei Gesunden, andere Studien vermuten durch den CFTR-Defekt einen niedrigeren pH-Wert (d.h. ein saures Milieu). Ebenso gibt es kontroverse Beobachtungen zur Speichelproduktion, die bei CF niedriger oder normal sein kann. Die Studien zeigen insgesamt, dass die Situation im Mundraum sehr individuell ist. Sie hängt z.B. erheblich von der Ernährung und den Medikamenten ab. Die persönliche Mundhygiene spielt für die Zahngesundheit ebenso eine wesentliche Rolle. Die Mund- und Zahnhygiene wiederum wird stark durch den sozioökonomischen Status (Bildung, finanzielle Mittel, soziales Umfeld) beeinflusst.
Ob die Modulatortherapie die Reifung des Zahnschmelzes direkt beeinflusst, ist unklar. Es ist aber zu erwarten, dass durch die Modulatortherapie im Verlauf der Zeit weniger Zahnschmelzdefekte auftreten, da die Krankheit an sich milder verläuft (weniger Infektionen, andere Ernährung und weniger Pankreasenzyme und Antibiotika) und der Defekt des CFTR-Kanals zumindest teilweise ausgeglichen wird.
Die Entstehung der meisten Krankheiten im Mundraum ist von mehreren Faktoren abhängig, die nicht alle durch das eigene Verhalten beeinflussbar sind. Selbst beeinflussen kann aber jeder Mensch, wie er seine Zähne pflegt. Bei Menschen mit CF gilt das, was auch andere Menschen berücksichtigen sollten:
Mit einer konsequenten Mundhygiene kann unter Umständen auch die Anzahl der Lungeninfektionen bei CF positiv beeinflusst werden.
In Studien wurde deutlich, dass Menschen mit CF weniger häufig zum Zahnarzt gehen als es empfohlen wird. Bis zu 30% der Betroffenen gingen erst zum Zahnarzt, wenn Schmerzen oder andere konkrete Zahnprobleme auftraten. Umfragen haben gezeigt, dass der Gang zum Zahnarzt für mehr als ein Drittel der erwachsenen Menschen mit CF mit einigen Bedenken und Ängsten verbunden ist. Das betrifft beispielsweise die Angst, sich in der Zahnarztpraxis mit Lungenkeimen anzustecken. Es gibt aber bei vielen auch die Sorge, als Mensch mit CF und entsprechenden Zahnproblemen vorverurteilt zu werden, da der Eindruck entstehen könnte, die Zahnpflege und Mundhygiene würde vernachlässigt.
Am besten ist, offen mit den besonderen Anforderungen umzugehen und den Zahnarzt über die Mukoviszidose und den eigenen aktuellen Gesundheitszustand proaktiv zu informieren und auch vorbeugende Hygiene-Maßnahmen zu besprechen. Dass die Zahnhygiene in schweren Krankheitsphasen in den Hintergrund tritt, wird jeder verstehen können. Ein Grund mehr, die Zahnpflege in guten Phasen sehr genau zu verfolgen.
Zahnärzte sollten wissen, dass besondere Hygienemaßnahmen nötig sind, wenn sie Menschen mit CF behandeln (siehe Liste unten). Außerdem sollten sie die CF-spezifischen Bedürfnisse kennen, z.B. die Behandlung im Zahnarztstuhl in aufrechter anstatt in liegender Position anbieten, um Husten und das Aufsteigen der Magensäure (Reflux) nicht zu fördern. Zudem sollten Zahnärzte die medizinische Vorgeschichte kennen und die aktuellen Medikamente, sowie Besonderheiten in der Ernährung ihres Patienten mit CF erfragen.
Spezielle Hygieneempfehlungen für die Behandlung von Mukoviszidose-Patienten in der zahnärztlichen Praxis
Merkblatt zur Zahngesundheit bei CF (PDF)
Dr. Uta Düesberg
Mukoviszidose Institut gGmbh
UDueesberg(at)muko.info
unter Mitarbeit von Dr. med. dent. Michael Sies, Darmstadt/München
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