Der Mukoviszidose e.V. fördert viele unterschiedliche Forschungsprojekte zur Mukoviszidose. Mit der neuen Reihe „EinBlick in die Forschung“ möchten wir mit Euch einen Blick in die Projekte der von uns geförderten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werfen. Heute stellen wir Euch das neue Projekt von Prof. Mark Wielpütz vor, der mit seiner Arbeitsgruppe ein Verfahren zur Nutzung von künstlicher Intelligenz für die Auswertung von MRT-Scans der Lunge von CF-Patienten entwickelt. Das Projekt wurde gerade in die Forschungsförderung des Mukoviszidose e.V. aufgenommen und wird mit 20.000 Euro unterstützt.
Welche Frage(n) soll Ihr Projekt beantworten?
Wir gehen der Frage nach, ob moderne computergestützte Auswerteverfahren unter Nutzung von künstlicher Intelligenz in der Lage sind, die Lungenerkrankung bei Mukoviszidose auf Magnetresonanztomographien (MRT) der Lunge zu diagnostizieren und die Schwere der Erkrankung zu ermitteln.
Warum sind diese Fragen wichtig?
Die Lungenerkrankung bei Mukoviszidose kann nicht nur zwischen verschiedenen Patienten sehr unterschiedlich verlaufen. Auch können verschiedene Bereiche der Lunge bei einem einzelnen Patienten sehr unterschiedlich betroffen sein, und relativ gesunde Lungensegmente kompensieren den Funktionsausfall stärker betroffener Bereiche. Diese Heterogenität können die Verfahren zur Lungenfunktionsprüfung nur eingeschränkt widerspiegeln. Bei jungen Patienten sowie Patienten mit einer modernen CFTR-Modulatorentherapie kann die Lungenfunktionsprüfung, z.B. mittels Spirometrie, über einen langen Zeitraum auch normal ausfallen – was jedoch nicht zwingend bedeutet, dass die Lungenerkrankung nicht fortschreitet. Hier kommen die Bildgebenden Verfahren ins Spiel, insbesondere die Magnetresonanztomographie, welche subtile Lungenveränderungen bei Mukoviszidose erkennen und auch die Einschränkung der Lungenfunktion z.B. mittels Durchblutungsmessungen (Perfusion) erfassen kann. Da es sich um ein strahlungsfreies Verfahren handelt, entsteht auch bei wiederholten Untersuchungen kein erhöhtes Tumorrisiko wie bei einer Computertomographie.
Bislang werden MRTs der Lunge bei Mukoviszidose jedoch durch Radiologen nach einem bestimmten Bewertungsschema (sog. Score) ausgewertet. Dies ist allerdings zeitaufwändig, und natürlich gibt es kleinere Unterschiede in der Bewertung zwischen verschiedenen menschlichen Betrachtern. Wir möchten nun ein computergestütztes Auswertesystem entwickeln, das in der Lage ist, unabhängig vom menschlichen Betrachter verlässlich und genau die Schwere der Lungenerkrankung auf MRT-Aufnahmen zu messen. Hiermit wird einmal auch die Analyse von großen Datenmengen von vielen verschiedenen Patienten möglich sein, welche neue Erkenntnisse in der Erforschung der Lungenerkrankung bei Mukoviszidose versprechen.
Welchen Nutzen erwarten Sie für CF-Patienten?
Der Nutzen für den einzelnen Patienten könnte darin bestehen, relativ schnell einen verlässlichen Zahlenwert zur Schwere seiner Lungenerkrankung zu erhalten, ähnlich z.B. wie bei einem Bluttest zum Gehalt des roten Blutfarbstoffes. So könnte er über mehrere MRT-Messungen hinweg vergleichen, ob seine Therapie wirksam ist oder ob Änderungen in seinem Therapieschema eventuell angezeigt sind.
Es lassen sich auch über das Sammeln größerer Datenmengen die Verläufe von vielen Mukoviszidose-Patienten aus unterschiedlichen Regionen vergleichen. Zudem könnte das Verfahren zur Auswertung von MRT-Aufnahmen auch bei Medikamentenstudien eingesetzt werden, um den Therapieerfolg leichter messbar zu machen.
Welche Experimente führen Sie zur Beantwortung Ihrer Fragen durch?
Zur Beantwortung der Fragestellung wird unter Nutzung von künstlicher Intelligenz ein lernendes und sich ständig verbesserndes IT-basiertes Netzwerk aufgebaut, wir sprechen hier von einem dreidimensionalen „Convolutional Neuronal Network“ (CNN), welches mit MRT-Perfusionssequenzen und den zugehörigen Score-Werten trainiert wird. Um mit einem derartigen neuronalen Netz zuverlässige Score-Wert-Prädiktionen durchführen zu können, ist eine möglichst große Menge an Trainingsdaten notwendig. An der Universität Heidelberg wurden bislang über 800 MRTs bei Mukoviszidose-Patienten durchgeführt, welche im Rahmen von Studien wissenschaftlich ausgewertet werden. Aus diesem Grund werden aus den MRT-Sequenzen vor dem Training weitere valide Trainingsdaten mittels Bildtransformationen (wie beispielsweise Spiegelungen, Rotationen und Verschiebungen, etc.) generiert. Anschließend werden diese Trainingsdaten dem Netz bereitgestellt, um das Training durchzuführen. Um eine abschließende Aussage über die Genauigkeit des entwickelten Verfahrens treffen zu können, werden für Perfusionssequenzen, welche nicht für das Training des Netzes verwendet wurden, Score-Werte vom CNN bestimmt und mit denen der radiologischen Befundung verglichen.
Das bedeutet, dass letztlich die Auswertung durch den Computer die zuvor von Menschen gemachte Einschätzung des Schweregrads der Lungenerkrankung nachbilden soll. In einem nächsten Schritt wird der o.g. Prozess wiederholt und auf die Gesamtheit der MRT-Sequenzen angewendet, um neben der Lungendurchblutung (Perfusion) auch die Lungenstruktur zu bewerten. Hierzu werden allerdings weitere Projekte im Anschluss an die freundlicherweise durch den Mukoviszidose e.V. gewährte Förderung notwendig sein.
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg bei dem Projekt!
Wir werden das Projekt mit unserer Berichterstattung weiter begleiten.
Das Interview führte Carola Wetzstein.
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