Forschungsstudien am Lungenschleim von Mukoviszidose-Patienten haben gezeigt, dass nicht nur vermehrt Schleim produziert und angesammelt wird, sondern dass seine Zusammensetzung krankheitsspezifische Eigenschaften aufweist. Besonders auffällig ist der erhöhte Anteil des Mucin-Typs Muc5B, dessen Proteine dichte molekulare Netzwerke über intermolekulare Verbindungen bilden.
Das Projekt MucoFRET zielt darauf ab, diese Netzwerke spezifisch zu zerstören oder zu blockieren. Zur Wirkstofffindung soll mit MucoFRET ein molekulares Modell entwickelt werden, mit dem sich aus einer Vielzahl potenzieller Wirkstoffe ein spezifischer Muc5B-Inhibitor identifizieren lässt. Erfolgreiche Wirkstoffkandidaten sollen anschließend an gespendetem Schleim von Mukoviszidose-Patienten weiter getestet werden.
Jüngste medizinische Durchbrüche, insbesondere die Kombinationstherapie Kaftrio, haben die Lungenfunktion vieler Menschen mit Mukoviszidose erheblich verbessert. Dennoch bleibt ein zentrales Problem bestehen: Der Schleim dieser Patientinnen und Patienten erreicht trotz Therapie nicht die Fließeigenschaften von gesundem Lungenschleim. Dies führt weiterhin zur Ansammlung von Schleim in der Lunge und begünstigt häufigere Infektionen. Zudem wirkt Kaftrio nicht gleichermaßen effektiv bei allen Mutationen des Chlorid-Kanals, der für die Erkrankung verantwortlich ist.
Mukoviszidose-Patienten sind daher weiterhin auf eine regelmäßige Inhalation von Schleimlösern angewiesen. Die derzeit zugelassenen Therapieformen wirken jedoch unspezifisch und erfordern eine mehrfache tägliche Anwendung, um die Lungenbelüftung zu verbessern. Die Entwicklung eines gezielten Schleimlösers, der das Proteinnetzwerk an spezifischen Stellen auflöst, könnte die Fließeigenschaften des Schleims gezielt regulieren und ihn auf ein gesundes Niveau bringen. Dies würde nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen erheblich steigern, sondern auch die Belastung durch häufige Inhalationen und Anfälligkeit für Infektionen verringern.
Ein CF-spezifischer Schleimlöser würde die Wirksamkeit einer einzelnen Behandlung erheblich steigern und damit die Häufigkeit sowie die notwendige Dosierung der Therapie deutlich reduzieren. Abhängig von den chemischen Eigenschaften des Wirkstoffs könnte zudem eine orale Formulierung als Tablette entwickelt werden, was die Anwendung für Patienten erheblich erleichtern würde.
Ein entscheidender Vorteil dieses Ansatzes liegt in seiner universellen Anwendbarkeit: Der Wirkstoff könnte unabhängig vom spezifischen Mutationstyp des Chlorid-Kanals wirksam sein und damit allen Menschen mit Mukoviszidose zugutekommen. Ein solcher Wirkstoff würde die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern und die Therapie zur Schleimauflösung vereinfachen.
Im Forschungsprojekt MucoFRET entwickelt meine Arbeitsgruppe ein Proteinmodell, das auf der Zielregion von Muc5B basiert und gezielt chemisch zerlegt werden soll. Dieses Modell wird gentechnisch mit fluoreszierenden Sensorproteinen ergänzt, die beim Zerfall der Muc5B-Untereinheiten ein verändertes Lichtsignal aussenden. Dadurch lässt sich die Wirkung potenzieller Wirkstoffkandidaten präzise und effizient messen.
Dieses experimentelle System ermöglicht die Testung einer Vielzahl von Wirkstoffen in kleinen Volumenmaßstäben. Erfolgsversprechende Kandidaten werden anschließend weiter an gespendetem Schleim von Mukoviszidose-Patienten sowie in präklinischen Modellen untersucht und weiterentwickelt.
In meiner Arbeitsgruppe beschäftigen wir uns intensiv mit der Modellierung von Lungenschleim und der Erforschung neuer Therapieansätze zur gezielten Auflösung von zähem Schleim bei Mukoviszidose-Patienten. Die Weiterentwicklung innovativer Behandlungsstrategien liegt mir besonders am Herzen, weshalb ich die Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Mukoviszidose e.V. als wertvolle Möglichkeit sehe, unsere Forschungsaktivitäten gezielt zu stärken.
Darüber hinaus ist es mir ein wichtiges Anliegen, die öffentliche Aufmerksamkeit für Mukoviszidose und deren Erforschung zu erhöhen. Gemeinsam mit dem Mukoviszidose e.V. möchte ich dazu beitragen, das Bewusstsein für diese Erkrankung zu schärfen und die wissenschaftliche und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit neuen Therapieansätzen zu fördern.
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg bei dem Projekt!
Wir werden das Projekt mit unserer Berichterstattung weiter begleiten.
Das Interview führte Carola Wetzstein.
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