Frau Dr. Smaczny, Sie betreuen seit Jahrzehnten erwachsene Menschen mit CF. Was raten Sie denen, die mit einem Kinderwunsch zu Ihnen kommen?
Zunächst mal kläre ich grundsätzliche Fragen, also wie weit sich die- oder derjenige schon Gedanken gemacht hat. Manche Patienten sind sehr gut informiert, haben schon mit dem Gynäkologen oder Urologen gesprochen oder haben bereits versucht, schwanger zu werden. Andere haben den Gedanken gerade erst gefasst und wollen erst mal ganz grundsätzlich wissen, ob eine Schwangerschaft oder Zeugung überhaupt möglich ist. Und es gibt natürlich auch gleichgeschlechtliche Paare, die ein Kind möchten. Da stellen sich dann noch ganz andere Fragen. Manchmal fragen mich auch Männer mit CF, schon bevor sie eine Beziehung eingehen, ob sie zeugungsfähig sind. Die Frage, ob es einen Partner oder eine Partnerin dazu gibt, ist auch sehr wichtig vorab zu klären.
Dann rate ich zunächst dazu, mit mir ein gemeinsames Gespräch mit dem Partner oder der Partnerin zu vereinbaren. Denn bei der Familienplanung ist nicht nur der Verlauf einer Schwangerschaft zu besprechen, sondern auch die Situation, wenn das Kind da ist. Das wird nämlich ganz gerne vergessen, aber es ist sehr wichtig, für diese Zeit gut vorbereitet zu sein und zwar gemeinsam mit dem Partner bzw. der Partnerin.
Die Eltern sollten dann zu einer genetischen Beratung. Hier bei uns in Frankfurt haben wir da Kooperationspartner, die sich mit CF auskennen. Dort kann der Partner, der keine Mukoviszidose hat, getestet werden, um zu erfahren, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Kind mit CF geboren wird. Auch darauf sollte man vorbereitet sein. Und natürlich empfehle ich eine Beratung beim Gynäkologen oder Urologen.
Was ist zu beachten, wenn eine Frau mit CF schwanger werden möchte?
Wenn eine Frau mit CF schwanger werden möchte, frage ich als nächstes die aktuelle medikamentöse Therapie ab. Dabei stellt sich manchmal dann heraus, dass die verschriebenen Medikamente gar nicht wie geplant eingenommen oder angewendet werden. Das ist natürlich für eine Schwangerschaft besonders wichtig zu wissen, denn die Medikamente müssen nicht nur so angepasst werden, dass sie dem Kind nicht schaden, sondern sie müssen auch gewährleisten, dass die werdende Mutter so gut wie möglich versorgt ist. Geht es der Mutter nicht gut, kann es auch dem Kind nicht gut gehen.
Wenn bereits versucht wurde, schwanger zu werden und der oder mehrere Versuche erfolglos blieben, muss man erstmal herausfinden, woran das liegt. Frauen mit CF unter Modulatortherapie werden inzwischen leichter schwanger, aber Männer mit CF werden auch unter Modulatortherapie nicht zeugungsfähig. Es gibt viele Möglichkeiten, hier medizinisch einzugreifen. Ich kläre dann über die Möglichkeiten auf mit Hinweis auf unsere IVF (In-Vitro Fertilisation)-Sprechstunde. (Anmerkung: siehe Infokasten)
Tatsächlich habe ich aber inzwischen öfter Frauen mit CF in meiner Sprechstunde sitzen, die bereits schwanger sind und das nicht selten ungeplant. Dann ist die Situation ganz anders und wir müssen gemeinsam herausfinden, wie die Schwangerschaft optimal betreut werden kann.
Leider muss man sich auch Gedanken machen über die langfristige Kinderversorgung, denn es kann ja sein, dass eine CF-Betroffene das Kind nicht über viele Jahre betreuen kann, weil sie gesundheitlich nicht mehr fit genug ist oder eben auch früh verstirbt. Diese Frage kann man den Patienten leider nicht ersparen.
Welche Schwierigkeiten kann es geben, wenn Menschen mit Mukoviszidose ein Kind bekommen?
Das hängt sehr vom aktuellen Gesundheitszustand der Mutter ab. Ich kläre ab, wie weit die Krankheit fortgeschritten ist, ob es Sonderprobleme gibt, wie z.B. Diabetes, eine ausgeprägte pulmonale Hypertonie. Gemeinsam muss man dann den Weg finden, wie man sich optimal auf die Schwangerschaft vorbereitet. Für mich stellt sich die Frage, wie viel Therapie braucht die Patientin, um den aktuellen Gesundheitszustand zu erhalten, welche Medikamente muss man pausieren. Manche Patientinnen trauen sich das nicht, denn sie wissen, dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtern kann, wenn sie z.B. die Antibiotika-Inhalation pausieren. Das muss dann individuell herausgefunden und gemeinsam mit der Patientin entschieden werden.
Was ist neben den medizinischen Aspekten wichtig?
Im Gespräch gilt es auch herauszuarbeiten, welche Probleme auf die Schwangere zukommen könnten, gesundheitlich und psychosozial. Es ist immer wichtig, nicht nur an die Schwangerschaft zu denken, sondern auch an die Zeit danach: wer kann mir bei dem Kind helfen, wie verlässlich ist der Partner, habe ich eine Versorgung für das Kind, wenn ich vorübergehend oder länger ausfalle?
Ich höre auch immer genau hin, ob die Familienplanung der Wunsch von beiden Partnern ist. Manchmal fühlen sich Frauen, aber auch Männer mit CF durch den Partner oder auch sonstige Familie mit dem Kinderwunsch unter Druck gesetzt. Dann kann eine psychosoziale Beratung sinnvoll sein, die wir hier in Frankfurt in unserer Ambulanz anbieten.
Worauf sollten Mütter bzw. Väter mit CF achten, wenn das Kind geboren ist?
Das Wichtigste ist, auf sich selbst zu achten! Man vergisst schnell die eigenen Bedürfnisse, wenn man sein Baby im Arm hält. Das ist aber gefährlich, wenn man selber eine chronische Erkrankung hat. Das kann ich nur immer wieder betonen. Und wenn die Mutter in der Schwangerschaft Kaftrio eingenommen hat, sollte man daran denken, das Baby nach der Geburt augenärztlich untersuchen zu lassen.
Wie hat Sie das Thema „Eltern werden mit CF“ durch Ihr Berufsleben begleitet?
Meine erste erwachsene CF-Patientin hatte ich 1992 kennengelernt. Damals gab es in Deutschland noch keine Einrichtungen für CF-Erwachsene. Die Patientin wurde mit einer Infektexazerbation (Verschlechterung bei einem akuten Infekt) auf die CF-Station der Kinderklinik eingewiesen. Zum Zeitpunkt der Einweisung wusste sie nicht, dass sie bereits schwanger war. Dies wurde nach stationärer Aufnahme kurzfristig diagnostiziert und so wurde eine Verlegung und weitere Behandlung auf unserer internistischen Station dringend erforderlich. Das war meine, und auch für die Abteilung der Erwachsenen-Pneumologie die erste erwachsene CF-Patientin, die das neue Zeitalter der CF-Erwachsenen-Versorgung und die Transition angestoßen hat. Die Begegnung war für mich ein einschneidendes Erlebnis. Sie hat mich in die CF-Versorgung mit einem besonderen Schwerpunkt auf die Schwangerschaftsbetreuung bei CF und auch in das Thema Transition hineingezogen. Ich bin dankbar, dass ich dieser Frau begegnet bin.
Es stimmt, dass CF ein schweres Krankheitsbild ist, doch der Fortschritt in Diagnostik und Therapie hat im Verlauf der letzten 50 Jahre die Lebenserwartung und die Lebensqualität dramatisch verbessert. Es ist ein großes Glück für die Betroffenen, aber auch für mich, dies miterleben zu können.
Es gibt noch wenig wissenschaftliche Daten zu Schwangerschaften bei Frauen mit CF. Können Betroffene helfen, das zu ändern?
Es gibt leider nur begrenzte Forschungsdaten zu Schwangerschaften bei CF, und es ist unwahrscheinlich, dass in Deutschland in naher Zukunft Studien dazu durchgeführt werden, da Studien mit schwangeren Frauen (unabhängig von der CF-Erkrankung) nicht genehmigt werden. Dennoch haben CF-Patientinnen die Möglichkeit, sich am deutschen CF-Register zu beteiligen. Jede dokumentierte Schwangerschaft, die zur wissenschaftlichen Diskussion und Veröffentlichung beitragen kann, ist äußerst wertvoll. Zusätzlich können Patientinnen ihre Fälle Ärzten zur Verfügung stellen, um beispielsweise auf Konferenzen vorgestellt zu werden, oder sie können an gezielten Befragungen zu diesem Thema teilnehmen. Auf diese Weise können sie einen erheblichen Beitrag zur Forschung leisten.
Das Interview führte Uta Düesberg.
Viermal im Jahr bietet der Mukoviszidose e.V. einen offenen Online-Treff für Eltern, die selbst Mukoviszidose haben, an. Der nächste offene Treff findet am 21. August 2024 ab 19:30 Uhr statt.
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Worauf muss ich bei der Familienplanung achten, wie ernähre ich mich in der Schwangerschaft richtig, kann ich meine Medikamente weiternehmen, wenn ich stille? Diese und viele andere Fragen rund um Schwangerschaft bei CF beantwortet die Broschüre „Mukoviszidose und Schwangerschaft“.
"Ich hatte immer die Angst im Hinterkopf, wann die Krankheit wieder zuschlagen würde"
Am Ende kam die Liebe, um zu bleiben
#mukomama: Meine Herausforderungen und Erkenntnisse als Mama mit Mukoviszidose