Wann wurde bei Ihnen Mukoviszidose festgestellt?
Bei mir wurde im April 1993, im Alter von zwei Monaten, Mukoviszidose diagnostiziert.
Wie war Ihr Verlauf bis jetzt?
Meine Kindheit war trotz mehrerer Operationen und Krankenhausaufenthalte zur IV-Therapie rückblickend sehr unbeschwert. Dass ich die Erkrankung selbst wahrgenommen habe, kam erst im späteren Jugendalter. Und zum Erwachsenenalter kann ich sagen, dass ich unendlich dankbar für Kaftrio bin, weil ich nicht weiß, wie es mir heute ohne dieses bahnbrechende Medikament gehen würde.
Sie haben einen Sohn. Haben Sie sich vor der Entscheidung für ein Kind, damit auseinandergesetzt, wie es wäre, wenn Ihr Kind auch Mukoviszidose hätte?
Ich habe sogar zwei Söhne. Der Große ist acht und der Kleine ist drei Jahre alt. Der Kleine hat Mukoviszidose.
Bevor wir uns für Kinder entschieden haben, haben wir meinen Mann genetisch untersuchen lassen, da wir im Falle einer Halbträgerschaft meines Mannes keine Schwangerschaft forciert hätten.
In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass ich niemanden für seine Entscheidung verurteile und ich nur unsere persönliche Sichtweise beschreibe. Der Grund dafür ist, dass ich als Betroffene weiß, wie ein Leben mit Mukoviszidose ist und auch wenn es sehr dramatisch klingt: Das hätte ich niemandem antun wollen. Natürlich schreitet die Forschung voran, natürlich ist auch dieses Leben lebenswert - aber es ist auch geprägt von Einschränkungen, Ärzten und Kontrollen.
Man kann nicht alles verhindern, das ist ganz klar, aber ich wäre niemals wissentlich das 50-prozentige Risiko einer Vererbung eingegangen.
Wichtig zu erwähnen ist mir noch: Wäre mein Mann Anlageträger gewesen und ich wäre ungeplant schwanger geworden, dann hätten wir die Schwangerschaft nicht abgebrochen - das bezieht sich auch auf den Fall, wenn eine andere Einschränkung festgestellt worden wäre.
Ihr Mann hat sich extra genetisch untersuchen lassen, trotzdem hat Ihr Kind Mukoviszidose. Wie wurde das festgestellt?
Das Neugeborenen-Screening war auffällig und da unser Sohn zu diesem Zeitpunkt noch zu klein und zu leicht für den Schweißtest war, haben wir direkt eine genetische Untersuchung machen lassen, bei der tatsächlich zwei Mutationen gefunden wurden. Es war eine sehr lange Reise bis zur endgültigen Sicherheit: Uns allen wurde mehrfach Blut abgenommen, da zuerst eine Verwechslung der Proben vermutet wurde. Dann hatte man aufgrund der Seltenheit seiner Mutationen den Gedanken, dass seine zweite Mutation auch durch mich vererbt wurde, diese aber damals bei meiner Diagnostik noch nicht bekannt war und deshalb nie bei mir festgestellt wurde. Diese Erklärung war auch die, die uns bis zuletzt hoffen ließ, dass er nur Halbträger ist, denn wäre es eine Mutation von mir gewesen, so hätte das bedeutet, dass bei ihm zwar zwei Mutationen gefunden wurden, diese aber beide auf einem Allel liegen und er somit keine Mukoviszidose hat. Als sich diese Vermutung dann leider nicht bestätigt hat, waren die Ärzte offenbar so ratlos, dass sie es für die wahrscheinlichste Erklärung gehalten haben, dass mein Mann nicht der Vater sei. Dies konnten wir natürlich von Vornherein als Erklärung ausschließen, die Ärzte haben es aber wohl trotzdem untersucht und selbstverständlich wurde auch diese Vermutung aus der Welt geschafft. Somit war klar, dass unser zweiter Sohn eine Spontanmutation hat.

Was waren Ihre ersten Gedanken, als Sie von der Diagnose Ihres Kindes erfahren haben?
Aufgrund dieser langen Suche nach der Erklärung, gab es meinem Gefühl nach gar nicht diesen konkreten „Moment der Gewissheit“. Das erste Gespräch diesbezüglich hatten wir mit unserem Hausarzt, bei dem wir die Genetik erstmals untersuchen ließen. Er hat sich - zusammen mit seiner Frau, die ebenfalls in der Praxis tätig ist - unheimlich viel Zeit genommen und war sehr einfühlsam. Aber da damals noch die Möglichkeit bestand, dass unser Sohn nur Anlageträger ist, habe ich dieses Gespräch nicht als endgültig empfunden, sondern war der festen Überzeugung, dass sich die Hoffnung der Halbträgerschaft bewahrheiten wird.
Die endgültige Bestätigung der Diagnose folgte dann während eines längeren Krankenhausaufenthaltes - eher beiläufig, an einem Freitagmittag während der Visite. Nachdem man mir das finale Ergebnis mitgeteilt hatte, saß ich aufgrund des damaligen coronabedingten Besuchsverbotes alleine mit meinem zwei Monate alten Baby und dieser Diagnose im Zimmer und hatte viel Zeit, darüber nachzudenken.
Rückblickend empfinde ich das Gespräch mit unserem Hausarzt und seiner Frau als wahnsinnig wichtig. In schwierigen Momenten denke ich an ihre Worte, die mir viel Halt und Sicherheit geben.
Was sind Ihre größten Herausforderungen als Mutter, die selbst CF und ein Kind mit CF hat?
Über diese Frage bin ich jetzt kurz gestolpert, denn für mich klingt es so, als sei es für mich als CF-lerin besonders schwierig, ein Kind mit CF zu haben - das empfinde ich nicht so. Im Gegenteil.
Hier kommen wieder die wahnsinnig wichtigen Worte unseres Hausarztes ins Spiel: Dieses Kind, diese Seele hat sich uns wissentlich ausgesucht. Weil es wusste, dass wir die perfekten Eltern für es sein werden. Weil es bei uns am allerbesten aufgehoben ist und wir das miteinander schaffen. Und genau so ist es - davon sind wir überzeugt.
Und wie es das Schicksal so will, war ich schon immer jemand, der den persönlichen Kontakt zu anderen Mukos eher gemieden hat - ich wollte nie das Risiko einer Ansteckung mit Keimen eingehen. Diesen Gedanken hatte ich meinem Baby gegenüber zu keiner Sekunde. Diese Tatsache ist mir auch erst sehr spät überhaupt erst aufgefallen und bewusst geworden - vielleicht war das mein größtes Learning.
Was glauben Sie, machen Sie anders als Eltern, die keine Mukoviszidose haben?
Eigentlich hätte ich es nie für möglich gehalten, dass ich einmal so denken werde, aber bei der Beantwortung dieser Frage muss ich wirklich sagen, dass ich dankbar bin, Mukoviszidose zu haben. Die Diagnose unseres Sohnes war ein absoluter Schock - klar.
Aber anders als „gesunde Eltern“, musste ich mich nicht erst an alles gewöhnen: Medikamente, Hygiene, Arztbesuche usw. - all das gehört schon immer zu meinem Alltag. Ich habe im Laufe meines Lebens Wege gefunden, die für mich gangbar sind: Wir haben beispielsweise keine Topfpflanzen zu Hause, nutzen keine Spüllappen länger als einen Tag und trinken keine Getränke, die länger als 12 Stunden offen sind. Andere machen das anders und achten auf andere Dinge - aber das sind meine Prioritäten. Ich musste sie nicht erst herausfinden und mir den Kopf zerbrechen.
Natürlich komme ich im Alltag auch manchmal an den Punkt, an dem ich denke: „Kann ich ihm das guten Gewissens erlauben? Besteht ein Risiko?“, das war zum Beispiel beim Thema Seifenblasen der Fall. Und dann stelle ich mir die Frage: „Wie mache ich es denn selbst?“ Und in den meisten Fällen merke ich, dass ich entspannen kann. Das können Eltern, die bisher noch keine Berührungspunkte mit Mukoviszidose hatten, nicht tun - sie können auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen, müssen ihr komplettes Leben umkrempeln und sich in einer Flut aus neuen Informationen zurechtfinden - davor habe ich wahnsinnig großen Respekt und ziehe meinen Hut. Das ist nicht leicht.
Auch mein großer Sohn und mein Mann sind durch mich natürlich von Anfang an daran gewöhnt, auf gewisse Dinge zu achten.
Deshalb kann der Achtjährige auch sehr gut einschätzen, was für den Kleinen machbar ist und was nicht - er ist ein toller großer Bruder, der mit viel Fürsorge und Achtsamkeit auf seinen kleinen Bruder aufpasst. Das macht mich sehr stolz.
Der Kleine ist ein richtiger Wirbelwind. Ein quirliges, fröhliches Kind, das uns alle durch seine liebenswerte Art mit so viel Freude erfüllt - ganz unabhängig von irgendwelchen Besonderheiten oder Diagnosen.
Sie haben sich schon mehrfach für den Mukoviszidose e.V. engagiert. Warum? Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Natürlich war der Wunsch, dass Mukoviszidose eines Tages heilbar sein wird, schon immer da, aber seit ich ein Kind mit dieser Erkrankung habe, ist dieser Wunsch größer denn je, weshalb ich mich seitdem noch engagierter in die Aktionen des Mukoviszidose e.V. einbringe. Ich möchte, dass alle kleinen Menschlein die Chance haben, ein gesundes, uneingeschränktes und glückliches Leben zu führen. Vor allem sehe ich die Wichtigkeit darin, dass auch Mukos mit seltenen Mutationen, wie mein Sohn, die Chance haben, von neuen Medikamenten und Möglichkeiten zu profitieren.
Dafür ist die Forschung unabdingbar - genau deshalb setze ich mich dafür ein, dass Mukoviszidose bekannter wird und dass die Menschen sensibilisiert werden.
Gibt es noch etwas, das Sie gerne loswerden würden?
Ich wünsche jedem Menschen eine Kraftquelle im Alltag. Etwas, das hilft, auch in schwierigen Momenten Halt zu finden. Ein Gedanke, ein Ritual, ein innerer Anker.Ganz gleich, was es ist, solange es Hoffnung macht, ist es wertvoll.
Das Interview führte Juliane Tiedt.
Franziska ist Autorin des Buches „Wenn ich nicht mehr ich bin – ein Nachschlagewerk für alle, die wissen wollen, wer ich war“. Das Buch zum Selbst-Ausfüllen soll pflegebedürftigen Menschen helfen, ihre Betreuung so individuell wie möglich zu gestalten, indem sie persönliche Wünsche, Vorlieben und Abneigungen notieren und damit vorsorgen für eine Zeit, in der sie möglicherweise nicht mehr für sich selbst sprechen können. Darüber haben wir im Jahr 2021 hier auf unserem Blog berichtet.
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