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Zwischen Vergangenheit und Zukunft – Erfahrungen eines noch jungen Menschen

Im Rahmen des Mukoviszidose Monats Mai berichten Betroffene dieses Jahr von ihren vielseitigen Erfahrungen rund um die CF-Ambulanzen. Jakob hat zu diesem Thema viel Positives zu erzählen, schreibt in seinem Beitrag aber auch darüber, wie vielschichtig die Herausforderungen bei der Versorgung von Menschen mit Mukoviszidose sind und warum er sorgenvoll in die Zukunft blickt.

Mit 27 Jahren bin ich noch relativ jung. Nicht nur in dem Sinne, dass die weite Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen älter ist als ich. Nein, ich bin auch jung, weil ich damit rechnen kann, den Großteil meines Lebens noch vor mir zu haben. Letzteres ist für einen 27-jährigen Menschen mit Mukoviszidose keineswegs selbstverständlich und in großen Teilen das Ergebnis langjähriger Entwicklungen in der Behandlung und Versorgung dieser seltenen Erkrankung. Und dafür bin ich sehr dankbar.

Trotz meines noch relativ jungen Alters, habe ich auch schon einige Erfahrungen in der CF-Versorgung gemacht. Ständige Wechsel meines Medikations- und Therapieplans, mehrere Operationen, einige intravenöse Antibiotikatherapien, Veränderungen durch neue Medikamente und auch das mehrmalige Wechseln der eigenen Ambulanz. Fünf Chefärztinnen und Ärzte in vier Kliniken in drei Städten in zwei Ländern. Dieser Weg durch die Versorgungslandschaft war und ist für mich bis heute der elementare Grundstein für meine körperliche Gesundheit und gleichzeitig aber auch immer wieder mit Herausforderungen verbunden.

Jede Veränderung bringt seine Herausforderungen mit sich

In meiner Jugend zum Beispiel war ich für meine Verhältnisse gesundheitlich ziemlich instabil und musste direkt im Anschluss an eine einjährige Cortisontherapie mit einer IV-Therapie gegen Mykobakterien ankämpfen – ebenfalls ein ganzes Jahr lang. Nicht nur war das für sich genommen schon unheimlich schwer, das Ganze mitten in der Pubertät zu erleben hat, alles auch echt nicht einfacher gemacht. Und zu allem Überfluss ist meine damalige behandelnde Ärztin in dieser Phase auch immer wieder längerfristig wegen Krankheit ausgefallen. Ich wurde natürlich trotzdem weiter gesundheitlich versorgt und betreut, trotzdem können solche Umstände aus Patientensicht ziemlich beschwerlich sein. Denn nicht nur ist es wirklich herausfordernd, wenn neben der persönlichen Ebene, auf der sich die eigenen gesundheitlichen Probleme abspielen, auch noch auf der Ebene der eigenen Betreuung Probleme auftuen. Nach meinem Empfinden geht mit derartigen Schwierigkeiten in der Ambulanz auch häufig eine Verstärkung des eh schon präsenten Kontrollverlustes einher, den ich als Mensch mit CF immer wieder erlebt habe und erlebe. Zum Glück konnte ich mich schon immer relativ gut damit arrangieren, von der Hilfe anderer und vor allem der Hilfe meiner Ärzte abhängig zu sein. Das setzt für mich aber durchaus eine gewisse Verlässlichkeit und Vertrautheit voraus. Aspekte, die in Fällen wie dem Ausfall einer Ärztin, eines Ambulanzwechsels oder ähnlichem immer wieder ins Wanken geraten. So wird der Umgang mit einer gesundheitlich belastenden Situation nicht einfacher.

Über Landesgrenzen hinweg gut betreut

Ein anderes Beispiel für eine sehr herausfordernde, aber diesmal auch sehr positive Situation auf meinem Behandlungsweg, kam durch ein Auslandssemester auf mich zu. Im Rahmen meines Studiums bin ich für ein halbes Jahr nach Lund im Süden Schwedens gezogen, habe dort gelebt, studiert und auch die dortige CF-Ambulanz besucht. Ich denke immer noch gern daran zurück, wie offen die Ambulanz dort für meine Anfrage war, mich für diesen Zeitraum zu betreuen. Auch wenn wir während meiner drei Termine verständlicherweise keine Änderungen an meinem Therapieplan vorgenommen haben und auch über ein paar Unterschiede zwischen dem schwedischen und dem deutschen Gesundheitssystem gestolpert sind, war es für mich eine große Erleichterung, in dieser sehr turbulenten und aufregenden Auslandszeit eine regelmäßige Kontrolle meiner wichtigsten Werte zu bekommen. Und witzigerweise hat die schwedische CF-Ärztin, die mich in Lund betreut hat, für einen längeren Zeitraum in Hamburg gelebt und hat dadurch sogar so gutes Deutsch gesprochen, dass wir unsere medizinischen Gespräche primär in deutscher Sprache halten konnten. Ein lustiger Zufall, der Teil einer angenehmen Erinnerung an die CF-Ambulanz in Lund geworden ist.

Basierend auf solchen positiven Erfahrungen, die ich wirklich auch in allen bisherigen Versorgungseinrichtungen machen konnte, bin ich überzeugt, dass auch in Zukunft engagierte, kompetente und fürsorgliche Menschen für die Behandlung und Betreuung von Menschen mit Mukoviszidose sorgen werden. Gleichzeitig wird mir, wie vielen anderen sicherlich auch, immer stärker bewusst, wie fragil das System der CF-Betreuung aktuell ist. Auch das erlebe ich sehr persönlich, da die behandelnde Ärztin in meiner jetzigen Ambulanz bereits über 60 Jahre alt ist. Die Fragen wie und ob es in dieser Ambulanz in den nächsten Jahren weitergeht, liegen da also schon sehr offen auf dem Tisch. Dass mein Fall hier kein Einzelfall ist und das Bestehen vieler Ambulanzen in Deutschland zumindest nicht bedingungslos gesichert ist, macht den Umgang mit der eigenen Unsicherheit für mich als Betroffener nur noch schwerer. Und das obwohl ich in vielerlei Hinsicht noch vergleichsweise gut auf verschiedenste Veränderungen reagieren könnte.

Wir sind nicht alle gleichermaßen betroffen

Denn klar ist, dass jede potentielle Ambulanzschließung, jede Einsparung im Gesundheitssystem, jede Kürzung im Sozialstaat und all die anderen politischen Entwicklungen, die gerade von so vielen als alternativlos dargestellt werden, immer diejenigen von uns am härtesten treffen werden, die ohnehin am verletzlichsten sind. Ich, um diesen Punkt an einem letzten Beispiel zu verdeutlichen, wohne in der Stadt. So bin ich an den öffentlichen Nah- und Fernverkehr angebunden und ich habe sogar einen Führerschein. Eine größere Entfernung zu meiner Ambulanz wäre für mich eine ernstzunehmende zusätzliche Belastung, aber damit könnte ich mich arrangieren. Was ist aber, wenn jemand in einer Region mit weniger öffentlicher Infrastruktur wohnt? Wenn jemand körperlich nicht in der Lage ist, ein Auto zu fahren oder generell länger zu reisen? Was ist mit Kindern, die auf die Zeit und Sorgearbeit ihrer Eltern angewiesen sind? Bei solchen Fragen denke ich immer wieder daran zurück, dass ich in meiner Jugend phasenweise einmal in der Woche in die Ambulanz musste, vor allem zur Physiotherapie aber auch für regelmäßige Kontrollen. Der einzige Weg dorthin war eine Autofahrt von mindestens 45 Minuten. Mit den jeweiligen Terminen also eine Zeitspanne von knapp 3 Stunden mindestens, die nicht nur ich, sondern eben auch ein Elternteil jede Woche investieren musste. Das hat bei mir funktioniert, weil mein Vater beruflich in der Lage war, sich seine Arbeitszeit relativ frei einzuteilen, aber was wenn das nicht der Fall ist? Wenn die Arbeit das nicht zulässt? Wenn die finanzielle Situation zu schlecht ist, um auf Arbeit zu verzichten? Wenn man alleinerziehend ist? Diese Zeit war für mich und meine Familie ohnehin wirklich, wirklich schwierig. Und ich wünschte mir einfach, wir würden als Gesamtgesellschaft dafür sorgen, dass solche Umstände auch für die verletzlichsten Personengruppen in Zukunft etwas leichter werden würden, anstatt immer noch prekärer.

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Zuletzt aktualisiert: 09.05.2025