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Blog

Im Dschungel der Modulatoren – Antworten auf einige wichtige Fragen

Der folgende Blogbeitrag ist eine Zusammenfassung eines Online-Vortrags von Dr. Simon Gräber aus der Charité in Berlin zu Erkenntnissen und Updates rund um das Thema Modulatortherapie bei Mukoviszidose. Dabei handelt es sich um eine Momentaufnahme, da sich auch in den nächsten Jahren sicherlich einige neue Erkenntnisse und Entwicklungen rund um dieses Thema auftun werden.

Fragen zur Lungenfunktion

Kann man sagen, dass Kaftrio wirkt, auch wenn sich die Lungenfunktion nicht verbessert oder sogar langsam abnimmt?

Die CFTR-Modulatoren verbessern die CFTR-Funktion in der Lunge. Die Lungenfunktion und ihr Verlauf hängen aber nicht nur von der CFTR-Funktion alleine, sondern auch von z.B. Vorschädigungen, bakteriellen Besiedlungen, Therapietreue der Inhalationen und sonstigen Therapien vor dem Start und unter einer Modulatortherapie ab. Dadurch kann es sein, dass der CFTR-Modulator trotzdem wirkt und auch langfristig Verbesserungen bringt. Eine Möglichkeit, dies zu testen, wäre z.B. einen Schweißtest durchzuführen und mit einem Wert vor der Therapie zu vergleichen. Sollte sich hier keine Veränderung zeigen, könnte eine erneute/erweiterte Genetik durchgeführt werden, um zu untersuchen, ob komplexe Allele vorliegen, also bestimmte Kombinationen von Mutationen, die ein Ansprechen bremsen.

Ist es sinnvoll, bei einer normalen Lungenfunktion (von z.B. 90%) trotzdem Kaftrio zu geben?

Generell kann eine möglichst frühzeitige Therapie mit Modulatoren den Krankheitsverlauf abbremsen und hilft mit, dass Schädigungen durch anhaltende Entzündungsprozesse im Körper eventuell gar nicht erst entstehen. Deshalb kann es auch sinnvoll sein, mit einer vorbeugenden Kaftrio-Therapie zu starten, obwohl die Lungenfunktion noch bei 90% ist. Erfahrungswerte der Charité (Dr. Gräber) zeigen, dass bei vielen Patientinnen und Patienten mit einer „normalen“ Lungenfunktion (FEV1 90%) trotzdem chronische Veränderungen in der Lunge bestehen, wenn die Lunge mit empfindlicheren Untersuchungsmethoden wie dem Gasauswaschverfahren und dem MRT der Lunge untersucht wird. Daher empfiehlt Dr. Gräber seinen Patientinnen und Patienten eine frühe Therapie auch bei „normaler“ Lungenfunktion.

Zulassung für andere Altergruppen

Ab wann wird die Zulassung von Kaftrio ab der Geburt erwartet?

Derzeit laufen klinische Studien mit Kaftrio zwischen 18 und 24 Monaten, in Kürze starten die Kohorten ab 12 Monaten. Es wird aber noch einige Zeit dauern, bis diese Studien abgeschlossen und ausgewertet sind. Danach (positive Ergebnisse vorausgesetzt) muss noch ein Zulassungsantrag gestellt werden, was in der Regel mindestens ein halbes bis ein ganzes Jahr bis zur EMA-Entscheidung dauert. Bei Kalydeco für die seltenen Gatingmutationen ist eine schrittweise Zulassungserweiterung für immer jüngere Kinder erfolgt, so dass es jetzt (2024) für Kinder ab einem Monat zur Verfügung steht. Kalydeco wurde 2012 erstmals zugelassen. Eine ähnliche Entwicklung einer Zulassung für jüngere Kinder ist für Kaftrio zu erwarten (erste Zulassung Kaftrio 2021). Studien mit sehr kleinen Kindern durchzuführen ist nicht leicht – es sind natürlich besondere Schutzmaßnahmen erforderlich. Deshalb dauert die Entwicklung der Medikamente gerade für die kleineren Kinder immer etwas länger.

Sollte man Orkambi ab einem Jahr nehmen oder auf das effektivere ETI warten (hinsichtlich Nebenwirkung von Orkambi)?

Orkambi (Lumacaftor/Ivacaftor) wird gerade von Kindern sehr gut vertragen und hat gezeigt, dass es die CFTR-Funktion auf ca. 30% der normalen CFTR-Funktion bei Kindern verbessern kann. Stärkere Nebenwirkungen hatte man bei Erwachsenen gesehen, die schon eine vorgeschädigte Lunge hatten. Da sind dann in den ersten Wochen nach Beginn der Therapie vermehrt Nebenwirkungen aufgetreten, auch weil sich so viel Schleim gelöst hat. Dies trifft aber auf die kleinen Kinder nicht zu. Eine möglichst frühe Therapie und die (teilweise) Wiederherstellung der CFTR-Kanalfunktion wirkt nach Stand der aktuellen Erkenntnisse dem Krankheitsverlauf entgegen und ist deshalb empfehlenswert.

Mögliche Nebenwirkungen

Gibt es aktuelle Erkenntnisse zu den Auswirkungen von Kaftrio auf die Leberfunktion (abgesehen davon, dass die Leberwerte steigen können)?

Neben erhöhten Leberwerten traten in einzelnen Fällen Gelbsucht und auch akutes Leberversagen auf. Eine Therapiepause und Wiederbeginn mit Kaftrio konnte jedoch in vielen Fällen erfolgreich durchgeführt werden. In einigen der untersuchten Fälle konnten auch noch andere Gründe für die Leberprobleme festgestellt werden. Generell müssen die Lebernebenwirkungen beobachtet und individuell betrachtet werden.

Ist bekannt, dass die Wirkstoffe (Orkambi/Kaftrio) einen Einfluss auf die Aufmerksamkeit/Konzentrationsfähigkeit haben? Wie sieht es mit schlechtem Schlaf aus bzw. vermehrt anstrengenden Träumen?

Die Datenlage zu Wirkungen von Modulatoren auf die mentale Gesundheit ist derzeit noch recht unklar. Es gibt einige veröffentlichte Fallberichte zu Problemen, die aufgetreten sind. Neue Studien mit Erwachsenen zeigen eine Verbesserung von Depressions- und Angstsymptomen und auch eine Verbesserung von Arbeitsgedächtnis und Verarbeitungsgeschwindigkeit nach Modulatortherapie, was man mit dem sogenannten Symbol Digit Modalities Test messen kann. Daten aus Mukoviszidose-Registern zeigen in der Modulator-Gruppe keinen Anstieg der Depressionen im Vergleich zu der Gruppe ohne Modulator. Bei kleinen Kindern (zwei bis fünf Jahre) gibt es eine viel zitierte Arbeit aus Frankreich, die nach Start mit Kaftrio bei 47% der Kinder unerwünschte Verhaltensweisen oder Schlafprobleme erfasst hat. Allerdings gibt es bei dieser Studie keine Kontrollgruppe, so dass man nicht weiß, wie häufig Schlafstörungen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern dieser Altersgruppe normalerweise auftreten. Es wurde außerdem ein selbst erstellter, nicht validierter Fragenkatalog zur Abfrage der Symptome genutzt. Auch kann man davon ausgehen, dass man mehr Verhaltensauffälligkeiten „findet“, wenn man gezielt danach fragt. Zu hohe Medikamentenspiegel waren aber anscheinend nicht das Problem, denn man hat keinen Unterschied zwischen denen mit und ohne Auffälligkeiten finden können. Diese Unsicherheiten senken die Aussagekraft dieser Studie. Bei älteren Kindern ab acht Jahren wurde die mentale Gesundheit von Kindern mit validierten Fragebögen erhoben und die Werte verbesserten sich bei allen Fragebögen. Das schließt natürlich nicht aus, dass es bei einzelnen Personen Nebenwirkungen von Kaftrio auf die mentale Gesundheit gibt, weitere Untersuchungen dazu laufen. Depression wurden inzwischen auch als Nebenwirkung in die Fachinformation/Packungsbeilage aufgenommen. Aber insbesondere die Häufigkeit wird wahrscheinlich deutlich unter den Zahlen der französischen Studie liegen. Wenn Probleme mit der mentalen Gesundheit auftreten, sollte man den behandelnden Arzt/Ärztin ansprechen und individuell schauen, was im Einzelfall helfen kann.

In Gesprächen in CF-Gruppen wird gesagt, dass ein Großteil der Patientinnen unter erheblichen Gedächtnisproblemen sowie Konzentrationsschwierigkeiten leidet. „Brain Fog“ ist ein starkes Stichwort, das viele nutzen. Gibt es Erkenntnisse, die auf einen Zusammenhang zu Modulatoren hinweisen könnten?

Es gibt Fallberichte zu Gedächtnisproblemen, aber die durchgeführten Studien zeigen wie oben beschrieben eher eine Verbesserung der Gedächtnisleistung nach Beginn einer Modulatortherapie. Das heißt aber natürlich nicht, dass es nicht bei Einzelnen tatsächlich zu einer Nebenwirkung bzgl. der Konzentration o.ä. kommen kann. Auch gibt es die Möglichkeit, dass andere Gründe (Corona-Infektion u.ä.) zu den Gedächtnisproblemen geführt haben.

In jedem Fall sollte man, wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen und mögliche Nebenwirkungen auftreten, dies immer mit seinem behandelnden Arzt/Ärztin besprechen und nach individuellen Lösungen suchen. Es gibt Möglichkeiten solchen Problemen zu begegnen. Wenn Kaftrio die Ursache ist, kann z.B. eine Dosisanpassung überlegt werden oder ein Wechsel von Abend- und Morgendosis. Was helfen kann und sinnvoll ist, ist aber in jedem Fall unterschiedlich. Eine Änderung der Dosierung sollte immer nur in Absprache mit der CF-Ambulanz erfolgen.

Gibt es schon Erkenntnisse zu erhöhtem Blutdruck als mögliche Nebenwirkung?

Erhöhter Blutdruck wurde bereits in den Zulassungsstudien gelegentlich (bei 0,1-1%) als Nebenwirkung festgestellt. Deshalb wurde diese auch in die Packungsbeilage aufgenommen. Der Einfluss der Modulatoren auf das Herz-Kreislaufsystem wird – insbesondere aufgrund der erhöhten Lebenserwartung – besonders beobachtet.

Ist es schlimmer, wenn man morgens das Kaftrio vergisst, als die Abendtablette zu vergessen? Kann es möglich sein, dass Verhaltensänderungen beim Vergessen der Morgenstablette auftreten?

Morgens wird in der Standarddosierung die Dreifachkombination aus Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor eingenommen, abends eine zusätzliche Dosis Ivacaftor (also der Potentiator). Wenn man also die morgendliche Dosis vergisst, kann die Unterstützung bei der Proteinreifung (Korrektor) des CFTR-Kanals nicht stattfinden. Es werden also erstmal keine/wenig neue CFTR-Kanäle gebildet. Das Ivacaftor (Abend-Dosis) aktiviert die gebildeten CFTR-Kanäle ja nur noch einmal zusätzlich, was ohne die Morgen-Dosis aber nicht möglich ist. Wenn diesbezüglich Unsicherheit besteht, sollte man seinen behandelnden Arzt/Ärztin darauf ansprechen. 

Du hast weitere Fragen zum Thema Modulatoren? Dr. Jutta Bend steht Dir gerne als Ansprechperson des Mukoviszidose e.V. zur Verfügung. Melde Dich einfach per E-Mail unter JBend(at)muko.info.

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Zuletzt aktualisiert: 09.05.2025